Ob im Stress des Alltags oder Berufs, in der Partnerschaft oder Familie: Wir alle opfern uns auf, bedauerlicherweise oft bis über unsere psychischen und physischen Grenzen hinaus. Wir verlieren uns Stück für Stück an die Ansprüche der Außenwelt, bleiben tapfer und versuchen, durchzuhalten. Wer schon mit Angst, Panikattacken, Depressionen (auch Bore-out, Burnout) oder „nur“ mit psychosomatischen Beschwerden konfrontiert ist, braucht etwas mehr denn je: sich selbst.
Ich werde oft gefragt, wie man sich nicht an andere oder in misslichen Umständen verliert und trotz aller Widrigkeiten bei sich bleibt. Deshalb habe ich einen Blogpost darüber geschrieben, wie ich damals aus meiner Angst zurück zu mir fand – und auch heute noch bei Missmut, Angst, Stress und Erwartungsdruck stets zu mir finde. Vielleicht sind unter meinen auch welche, die für dich passen:
Zurück zu dir: Die goldenen Regeln der Selbstachtung und Selbstliebe
Ich weiß, nicht jeder kann seine Situation ad hoc ändern, aber wenn du weiterhin so tust, als sei alles in perfekter Ordnung, wird dich dein Körper beständig daran erinnern, dass es eben nicht so ist.
Dennoch kann man in der Zwischenzeit einige Signale ernst nehmen und so für sich sorgen. Schritt für Schritt, wenn man sich wieder einem sinnvollen Leben annähern möchte, werden sich auch die nötigen Veränderungen einstellen, wenn man die eigenen goldenen Regeln befolgt. Vorweg: Durchsetzungsvermögen und Persistenz spielen eine enorme Rolle. Zum Glück lassen sich beide gut trainieren.
1. Trainiere deine Intuition und vertraue ihr.
Jeder ist intuitiv. Dieses Bauchgespür und das Wissen, welche Entscheidung man treffen oder nicht treffen sollte, wenn man etwas „einfach so“ weiß, kann dich vor groben Abschweifungen von deinem Weg bewahren. Deine innere Stimme wird dir helfen, wann immer sie kann. Darauf ist sie programmiert: Sie soll dich schützen.
Bewahre dir vor allem dieses Gefühl. Traue dich, Nein zu sagen. Rede dich meinetwegen aus einer Situation heraus, wenn du nochmals in dich spüren möchtest, bevor du etwas tust. Das ist nicht immer leicht, besonders, wenn wir von „lauten“ oder sehr fordernden Menschen umgeben sind. Ich habe früher deshalb gern Sätze gesagt, wie zum Beispiel:
- Hm, gut. Ich werde darüber nachdenken.
- Das fühlt sich für mich noch nicht stimmig an.
- Ich bin mir momentan unsicher, ob das mein Weg ist. Ich denke darüber nach.
- Mein Intuition sagt mir, dass das nicht gut für ______ (mich, das Unternehmen, die Familie) wäre. Ich denke darüber nach.
- Ich würde gern Nein sagen, aber gib mir noch etwas Zeit.
Ob du tatsächlich darüber nachdenkst oder nicht, spielt keine Rolle. Es geht nur darum, dir Zeit zu verschaffen, um deine Stimme flüstern zu hören. Je öfter du sie trainierst, desto präsenter, lauter und klarer wird sie mit dir sprechen.
Hast du dich mit deiner inneren Stimme „abgestimmt“, kannst du ruhigen Herzens solche Sätze sagen:
- Es tut mir leid. Ich weiß, wie viel dir das bedeutet. Aber ich sehe mich dort (……) nicht.
- Ich habe lange und gründlich darüber nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass…
Wenn wir Menschen das Gefühl geben, dass wir sie ernst nehmen und respektieren, dann nehmen sie uns ein Nein auch weniger übel. Selbst bei kommenden Diskussionen oder Streits kannst du auf dein Gefühl beharren. Immerhin hast du tatsächlich in dich hineingehört, aber bist anderer Meinung. Es ist wichtig, zu leben, dass jeder seine eigene Meinung haben und sagen darf.
2. Vertraue deiner Körperweisheit.
Auch Körperintelligenz genannt, meint sie das Vertrauen in deinen Körper. Er zeigt dir durch Symptome und Stimmungen, wie es ihm geht, wie deine Psyche ihn belastet und/oder befreit. Fühlst du dich leicht und voller Energie, hast du keine Gedanken an andere, Missstände, Vergangenes und Zukünftiges verschwendet. Du warst im Hier und Jetzt. Hast du dich aber in Grübeleien, Wutgespräche mit jemandem oder im Kopf befasst, wird dir dein Körper das spiegeln. So auch, wenn du deinen Lebensstil in Ernährung oder Bewegung (Energiefluss) gegen das, was dein Körper will, richtest. Du übersäuerst ihn mit Toxinen statt ihn zu reinigen. So kann keine Leichtigkeit entstehen, dafür aber Schwere, die sich wiederum in Krankheiten manifestieren.
Eine weitere Sache in puncto Körperintelligenz ist Vertrauen gegenüber seinen Signalen. Wenn dir dein Körper sagt, dass er keine Zeit mit so viel Arbeit oder langweiligen Tätigkeiten verbringen möchte, er Magenschmerzen oder Erkältungssymptome als Signal nimmt, um dich lahm zu legen, dann mit Grund: zum Beispiel, um dich zu Ruhe zu zwingen oder aber um dir zu helfen, etwas nicht tun zu müssen, um dich einer negativen Situation nicht auszusetzen.
Dabei spielt es übrigens keine Rolle, ob du die Situation negativ einschätzt. Meistens hat dein Körper eine andere Meinung als du. Eben deshalb ist es so wichtig, deine Intuition und dein Vertrauen in dich zu entwickeln, um zu verstehen, was dir guttut und was eben nicht. Lass deinen Körper für dich sprechen.
Gleiches gilt auch und besonders für Menschen, die nicht Teil unseres Lebens sein sollten (oder es bereits spiegelmäßig nicht (mehr) sind). Vertraue auch da deinem Körper, wenn er dir zeigt, dass er keine Lust auf die Schwiegermutter am Wochenende oder auf den netten, aber energiesaugenden Kollegen hat.
3. Bleibe in deiner Energie.
Die Kür des Lebens, wie ich finde, aber eine, die sich lohnt, zu meistern. Energie folgt der Aufmerksamkeit, wie wir mittlerweile alle wissen. Gehst du mit deiner Energie ins Früher oder ins Morgen, dann meistens mit Angst oder Trauer. Wenig verwundern sollte es dann, dass du dir Sorgen machst und dich Angst beherrscht, die dich klein hält und dir Blödsinn einredet. Zum Beispiel, dass du nicht gut genug seiest.
Du brauchst dir keine Gedanken um früher zu machen. Einige Kapitel deines Lebens sind (ja, zum Glück!) abgeschlossen, auch wenn du manchen mit Reue gegenüberstehst. Wir denken und fühlen uns viel in vergangene Ereignisse und Menschen, die nicht mehr in unserem Leben sind, ein, genauso, wie wir uns vor Trennung/Ablehnung noch anwesender Menschen fürchten. Ja, leider gibt es Personen, die weit von sich und Liebe entfernt sind, die anderen lieber die Schuld und Verantwortung geben, als auf sich zu blicken. Oder die im Kleinsein gefangen sind und Mühe haben, dem zu entfliehen. Auch hier gilt: Achte auf dein Grundgefühl. Frage dich immer bei urplötzlichen Wellen von Empathie oder Pflichtgefühl, überraschender Trauer und gar Angst:
Sind das meine Gefühle?
Ich habe mich oft dabei ertappt (bis heute!), dass ich im Gefühl bei jemand anderem war. Egal, ob ich wütend, froh, ängstlich, gestresst, panisch oder traurig war: Ich konnte erst unterscheiden, wessen Gefühle es sind, die ich gerade in mir bunkere und anziehe, als ich mir die Beschaffenheit meiner Energie und Gefühle näher ansah. Du kennst deine Ecken und Baustellen. An ihnen hast du gelernt, welche Gefühle überwiegend als Ergebnis entstehen. Zum Beispiel ist Schuld ein häufiges, ähnlich wie Scham. Diese kommen aber überwiegend durch Menschen, die uns das Gefühl geben (weil aus Angst vermitteln), dass wir uns „falsch“ verhalten oder gar „falsch“ seien – weil wir anders denken oder leben (möchten). Das taucht oft bei Wachstumsschmerzen auf, ähnlich wie Zorn. Wir sind oft innerlich rasend vor Wut, wenn uns jemand am Wachstum hindert und uns klein halten möchte, einfach, weil es das Leben desjenigen vereinfacht. Dennoch: Es sind seine Gefühle. Auch die Angst, dich zu verlieren, oder die Wut, dass du etwas anders möchtest, die Trauer, dass es etwas für dich nicht funktioniert oder wegen des Gedankens, der Andere sei nicht gut genug für dich. Sie landen einfach bei dir.
Sich an seine Energie zu halten, fremde Energie/Gefühle von den eigenen unterscheiden und abgrenzen zu können, braucht etwas Übung. Aber je fokussierter wir sind und bleiben, desto eher erfahren wir, wie unsere Energie sich anfühlt. Je öfter wir in Freundschaften oder in anderen sicheren Verbindungen an unserer durchsetzungsstarken Kommunikation arbeiten, desto leichter wird es uns fallen, zu sagen: „Ich würde dir gern diesen Gefallen tun/für dich da sein… Ich kann dich verstehen, doch ich habe eine andere Meinung.“ „Ich kann nachvollziehen, was du sagst, aber ich sehe das anders.“ Solche Kommunikation ist gewaltfrei und macht deutlich, dass wir unserer Energie folgen wollen und werden.
Eine andere Strategie, um in seiner Energie zu bleiben, ist Zeit allein zu verbringen bzw. sich mit Leidenschaften, Hobbys und Interessen zu beschäftigen, die nur dir allein dienen und keine Außenwirkung anpeilen. Das kann Malen, Schreiben, Stricken, Basteln, Gassigehen, Joggen, Fernsehen, Telefonieren, Handwerken und so weiter sein. Hauptsache, es gehört dir allein. Hauptsache, niemand greift in deine Energie ein. Je empathischer und sensibler du bist, desto eher lohnt es sich, Abgrenzung täglich zu trainieren. Achtsamkeit ist dabei besonders wichtig. Doch statt auf andere und das, was sie gern sehen/haben wollen würden, zu achten, achtest du vordergründig auf dich und deine Bedürfnisse.
4. Akzeptiere, wer und wie du bist.
Der Bauch zu dick, die Augenringe zu dunkel, die Beine nicht definiert genug und wären da nicht noch all die schlechten Seiten deines Charakters, wegen denen du glaubst, so wenig liebenswürdig zu sein… Genau solche Vorwürfe, in denen du dich absichtlich klein hältst, sind fatal, wenn du zu dir zurück willst. Du wirst mir sicher zustimmen, dass es nur Teile deines Selbst sind, an denen du die Reaktionen anderer erklärst. Zu dir gehört so viel mehr: viele schöne Seiten, die du übersiehst, weil du nur auf einen einzigen Teil blickst, dich wie ein Hund daran festbeißt.
- Er/Sie wollte mich nicht, weil ich nicht gut genug aussehe!
- Er/Sie hat sich von mir abgewandt, weil ich nicht erfolgreich genug bin!
- Meine Familie würde mich weniger lieben, wenn ich ihr meine wahren Seiten zeigte.
- Mein/e Partner/in würde sich für mich schämen, wenn ich nicht stets und ständig 100 Prozent Leistung erbrächte.
- Wenn ich nur stärker, intelligenter, stressresistenter, anerkannter, wichtiger, reicher, geduldiger wäre, dann…
- und und und.
Wir projizieren oft unsere unerfüllten Wünsche auf irgendeine Ecke und Kante unseres Körpers und Charakters. Doch in Wahrheit sind wir gut so, wie wir sind. Es wird immer Menschen geben, die das bejahen und eben auch solche, die uns oder Teile unseres Selbst ablehnen. Recht machen kann man es ohnehin nicht jedem.
Entscheidend ist also, dass wir uns selbst so mögen, wie wir sind. Das heißt nicht, dass wir alles an uns und unserem Leben geil finden müssen. Es heißt, dass unsere Gedanken über uns immer auch unsere ersehnten Ziele markieren. Höher, schneller und weiter als unsere Gedanken werden wir nie kommen. Also sorge dafür, dass du so gut und hoch wie möglich von dir denkst. So ziehst du auch nichts und niemanden an, der dir als Spiegel deiner angeblichen Fehler dienen kann. Projektionen werden also weniger.
Wenn du deine Macken und Makel liebst, liebst du auch andere Menschen, so wie sie sind. Mögen wir uns trotz unserer schlechten Angewohnheiten und äußerlichen „Mängel“, können wir die anderer ebenso leicht annehmen und lieben.
Das ist wahre Akzeptanz.
5. Sei eigensinnig.
Trau dich, anders zu sein.
Schau mal genau hin, wo du so lebst wie alle anderen oder wie es dir gesagt wird/wurde. Frage dich mal ganz ehrlich, ob du es morgen anders machen würdest, wenn du könntest. Und dann tue es.
Solltest du dich nicht trauen: Probiere dich in einem sicheren Rahmen aus, wenn du das brauchst, oder kündige einige Änderungen sanft an: „Ich würde gern ab nächste Woche XYZ anders machen. Nicht, dass du dich wunderst.“
Entscheidend ist häufig dein Tonfall. Wenn du solche Ankündigungen oder Besprechungen leise und mit Piepsstimme sagst, wirkst du wenig entschlossen. Übe ein überzeugendes Auftreten doch einfach mal mit einem guten Freund oder jemanden, dem du voll und ganz vertraust, bei dem du Fehler machen kannst, mit dem du lachen kannst. Solche Trockenübungen sind psychologisch gesehen Rollenspiele und wirken wohltuend auf die Psyche und Seele. Sie geben dir das Gefühl, dass du selbstsicher bist und weniger Opfer der Umstände, sie stärken deine Selbstwirksamkeit und lassen dich so natürlich wachsen.
6. Erinnere dich an alles, was du vergessen hast (oder vergessen solltest).
Folgst du diesen Vorschlägen, werden dir schnell Aspekte am deinem Denken, Fühlen und Verhalten auffallen, die antrainiert und gelernt wurden. Es schien leichter, dich anzupassen, früher, als du dich noch anpassen solltest oder gar musstest, um sicher zu sein. Aber Anpassung ist nicht der leichteste Weg, erst recht nicht, wenn du wachsen möchtest, weil dich Angst, Panik oder Stress sichtlich lähmen.
Erstaunlicherweise durfte ich feststellen, dass meine Eigensinn sehr viel willkommener war, als ich anfangs dachte. Es machte mich stärker. Starke Menschen sind besonders im Beruf gern gesehen, aber auch in Partnerschaften und Freundschaften setzt Stärke und Eigensinn Grenzen, die viel Gutes bewirken können. Und auch dem Anderen Sicherheit und gleichzeitig neuen Freiraum bieten.
Frage dich, was dir abtrainiert und was antrainiert wurde. Was ist noch heute eine (schlummernde) Stärke deines Charakters? Trau dich, genau das wieder zu sein und zu leben. Du wirst nicht nur dich, sondern auch das Leben anderer damit bereichern. Und die, die sich erst einmal sträuben, werden sich mit der Zeit daran gewöhnen.
7. Erkenne dein altes Ich.
Hast du diese Regeln auf deine Weise und in deinem Tempo erfolgreich gelebt, wirst du schnell sehen, was du früher warst und heute glaubst, zu sein. Du wirst dich mehr spüren und eher ein Gefühl für deinen Weg entwickeln. Dann bekommt dich so leicht keiner mehr auf andere, fremde Wege. Deine bisherigen Barrieren werden davonfliegen wie ein vormals eingesperrter Vogel wirst du dich selbst befreien.
Je resistenter du wirst, desto weniger Widerspruch und Kritik wirst du übrigens erhalten. So entwickelt sich Willensstärke, weil man auf sich vertraut und andere dir ergo ebenso vertrauen. Natürlich ist eine sanfte Art der Umsetzung immer besser für dein Umfeld und dich. Doch ehrlich: Falls es nötig würde, dich wortgewaltig durchzusetzen, und auch wenn du spürst, dass eine Entladung dir guttäte: Leg los. Aber stehe für dich ein und sorge dafür, dass du mit dem Wunsch nach psychischer und physischer Entlastung und Beschwerdefreiheit gesehen wirst UND dich selbst siehst. Ändere Situationen, die sich ändern lassen. Hole dir Hilfe. Tue, was nötig ist.
8. Nimm dir Zeit für dich.
Dir nach und in all diesen Schritten regelmäßig Zeit für dich zu nehmen, ist unabdingbar. Du brauchst Zeit allein oder mit deinen Lieben, um zur Ruhe zu kommen und damit wieder zu dir. Völlig gleich, wie du diese Zeit gestaltest: Genieße sie und erlebe den Moment, dass niemand in deine Handlungen und Gefühle eingreift.
Setze dir zum Beispiel anfangs eine halbe Stunde Zeit pro Tag, idealerweise immer zur selben Uhrzeit. Kündige es gern an, sodass die Menschen deines Umfelds sich nicht überrannt fühlen. Erkläre ihnen, wenn nötig, wozu du das brauchst und machst. Und dann: Sei für dich da. Erlaube dir diese Abgrenzung, ohne schlechtes Gewissen.
Lass vor allem auch den Anderen die Möglichkeit, zu lernen, dass du ein individueller Mensch bist, der über seine Grenzen gegangen ist – mit (vielleicht sogar schwerwiegenden) Folgen für dich und deinen Körper. Lass dir aber auf keinen Fall einreden, dass du diese Zeit nicht brauchen darfst oder andere ja auch so viel leisten oder oder oder… Jeder ist unterschiedlich und kann Ereignisse besser oder schlechter ab. Jeder darf deshalb auf seine Weise mit Erlebnissen umgehen.
So viel zu meinen Regeln von damals und heute. Ich hoffe, du kannst einige davon gebrauchen. Lass mich gern wissen, welche Regeln du für dich umsetzt oder welche hier nicht gelisteten Regeln anderen noch helfen könnten!
Ich wünsche dir wie immer viel Erfolg auf deinem Weg zurück zu dir!
Alles Liebe,
Janett
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