Nicht nur die Angst vor einem Vorstellungsgespräch belastet viele Menschen. Überhaupt die Angst, sich zu bewerben, löst schon bei vielen Nervosität aus. Und deshalb schreiben viele erst gar keine Bewerbung. Schon im Vorfeld belastet sie die Angst, ihre Stärken, Arbeitserfahrung und Eignung darstellen und beweisen zu müssen. Und nicht wenige fühlen sich im Angesicht ihrer beruflichen Erfahrungen wertlos, ungeeignet und voller Scham über sich selbst.
Was bei der Angst, sich zu bewerben, helfen kann
Ich habe lange Jahre in der Erwachsenenbildung gearbeitet, viele Bewerbungen gelesen und Menschen mit der Angst, sich zu bewerben, kennengelernt. Dabei fielen mir immer wieder zwei Aspekte auf:
Viele wissen nicht, dass Unternehmen nicht primär nach 100prozentig passenden Qualifikationen suchen, sondern nach flexibel einsetzbaren, verlässlichen, motivierten und vertrauenswürdigen Mitarbeitern. Dazu gehört Selbstvertrauen in sich und seine Fähigkeiten – selbst dann, wenn man auf dem Prüfstand steht.
Der Druck im Bewerbungsgespräch ist oft nur ein kleiner Vorabtest, der das Verhalten unter Druck zeigen soll. Wer den Druck oder den Prüfstand in Vorstellungsgesprächen nur schwer aushält, der – so der Rückschluss – wäre auch weniger gut im Umgang mit Zeitdruck, Deadlines und Stress. Soft Skills wie Belastbarkeit, Selbstvertrauen und -wirksamkeit sind also mindestens gefragt.
Außerdem: Nur in speziellen Branchen (z. B. IT, Technik, Medizin, Recht) benötigen Bewerber die branchenüblichen Spezialkenntnisse. In allen anderen Branchen, besonders bei Akademikern, lassen sich Arbeitnehmer eher auf sympathische, souveräne und motivierte Mitarbeiter ein als auf höchst qualifizierte, aber charakterlich gesetzte, stolze oder gänzlich unbekümmerte, die nur des Geldes wegen arbeiten gehen. D. h., jemand, der strikt sein Ding macht, sich nicht einsetzt und nicht teamfähig ist, aber ein top Know-how hat, ist oft weniger gern gesehen als jemand, der sich in die bestehenden Unternehmensstrukturen einfügen kann und Unternehmenswerte teilt. Erneut: Die Soft Skills der Mitarbeiter zählen mehr als ihre Hard Skills.
Arbeitnehmer suchen zudem nach verlässlichen und loyalen Mitarbeitern und nein, sie können es sich schon lange nicht mehr leisten, jeden wegzuschicken. (Die meisten Firmen verstehen das nur nicht, weil sie noch immer denken, sie hätten das Zepter in der Hand und könnten wählen. Aber tatsächlich sind es mehr und mehr die Bewerber, die wählen können, wenn sie einen qualifizierten Lebenslauf haben.) In der Tat herrschen fast bei allen Unternehmen Engpässe in der Belegschaft, weil sie keine passenden Mitarbeiter mehr finden.
„Passend“ bedeutet aber ein ausgewogenes Verhältnis aus Hard und Soft Skills. Und ja, Unternehmen sind bereit, ihre Anforderungen herunterzuschrauben, wenn die Lücken des Bewerbers leicht und schnell aufholbar sind (z. B. ein bestimmtes Programm lernen oder nicht sattelfest genug sein usw.). Auch wenn eine Berufserfahrung von fünf Jahren in der Stellenausschreibung steht, heißt das nicht, dass ein Bewerber mit zwei Jahren nicht infrage käme. Im Gegenteil: Die meisten Unternehmen sind heute immer weniger bereit, angemessen für die hohe Qualifizierung ihrer Mitarbeiter zu zahlen. Denn oft gilt: Je qualifizierter (und sozial kompetenter), desto weniger braucht der Mitarbeiter das Unternehmen, desto schneller wäre er bei schlechter Behandlung einfach weg.
Wenn also keine essentiellen Kenntnisse für die Stelle fehlen, sollte man sich dennoch bewerben – egal, ob hier oder da ein I-Tüpfelchen fehlt. Dazu kann man selbst durch seine Persönlichkeit, die man in der Bewerbung ideal in Szene setzt, werden und so punkten.
Einige Tipps, um die Angst vor der Bewerbung zu überwinden
Mit der Wahl eines passenden Arbeitgebers ist es genauso wie bei der Partnerwahl: Gibt man sich zu bedürftig und zu klein, hält man wenig auf sich und besitzt keine bis kaum Würde und Respekt gegenüber sich selbst, seinem Wert und seinen Fähigkeiten, läuft man schnell Gefahr, ausgenutzt oder wie ein Fußabtreter behandelt zu werden. Wer seine Angst vor Bewerbungen überwinden möchte, sollte deshalb erst einmal seine Blockaden entfernen: indem man sich dieser bewusst wird. Denn das Ziel ist es, von sich und seiner Eignung authentisch und selbstsicher zu überzeugen. Und dafür muss man von sich und seiner Eignung überzeugt sein. In sich zu ruhen, weil man dem Lauf der Geschehnisse, dem Leben und seiner selbst vertraut, ist unausweichlich.
Stell dir einmal folgende Fragen, um mehr Einblick in deine Angst vor Bewerbungen zu bekommen:
- Wissen ist Macht. Wie ohnmächtig fühlst du dich, wenn du etwas nicht weißt?
- Profilierst du dich vielleicht sogar mit dem Wissen, das du hast? Identifizierst du dich damit? Macht es dich in deinen Augen zu einem wertvolleren Menschen? Im Umkehrschluss: Fühlst du dich weniger wertvoll als Mensch und MitarbeiterIn, wenn du in einem Bereich weniger Wissen besitzt als andere oder einzelne Angaben in der Stellenausschreibung nicht auf dein Profil passen?
- Wenn du dich von deiner besten Seite zeigen sollst, ist es dir dann unangenehm? Hast du das Gefühl, du würdest den Anderen belügen? Denkst du dann, dass all deine Schwächen deine Stärken abwerten würden?
- Siehst du deine Schwächen als charakterliche Schwäche? Mindern sie in deinen Augen deinen Wert? Bringst du Schwächen mit Ablehnung, Kritik, Streit oder gar Trennung in Verbindung? Ruft das Wort Schwächen Gefühle wie Schuld, Scham oder gar Traurigkeit auf den Plan?
- Wann würdest du dich gut und wann gut genug fühlen? War Perfektionismus schon Teil deiner Kindheit? Hattest du jemals das Gefühl, dass „immer besser zu werden“ dir etwas sichern würde, z. B. Liebe durch deine Eltern oder Anerkennung?
- Gab es dir eine Aufgabe und ein Ziel, wenn du mit Eigenschaften und Wissen brillieren konntest (getreu dem Motto: Wenn ich x bin bzw. kann, bin ich jemand.)?
- Im Allgemeinen verleiht der Job eine Aufgabe, der man sich entweder freiwillig und bereitwillig widmet oder die sich aufgezwungen anfühlt. Wie gehst du mit zugeschriebenen Aufgaben um? Stellst du dich den Herausforderungen? Oder tust du am liebsten nur das, was dir wenig Mühe bereitet – weil du hier bereits alles an Wissen und Kompetenzen erworben hast, was du dafür brauchst?
- Wer bzw. wie wer (, den du kennst) bist du, wenn du Schwächen hast?
- Ist es ein schlimmes Gefühl, wenn du etwas nicht weißt? Wenn ja, wer fand es schlimm (in deinem bisherigen Leben), wenn du etwas nicht wusstest oder konntest?
- Wie gehst du mit Ablehnung im Allgemeinen um? Nimmst du sie persönlich, betrachtest du sie als Bestätigung deiner gefühlten Unvollkommenheit, als erneute Aufforderung, noch besser werden zu müssen oder gar als Signal, dass du nie genug sein würdest?
- Löst der Gedanke „Du reichst (noch) nicht!“ eine Blockade in dir aus, die dich sogar gänzlich vom Handeln abhält? Verbirgt sich dahinter der Glaube, du würdest ohnehin abgelehnt werden – ohnehin nicht auserwählt werden, weil es ohnehin immer irgendeinen Menschen geben würde, der besser wäre als du?
- Wie gehst du mit Makeln um? Strafst du dich (und andere) dafür, versuchst du sie zu verstecken oder zu verdrängen?
- Wie gehst du mit Fehlern um? Ist es leichter für dich, zu sagen, dass du keine Schuld hast? Liegt dahinter ein angeschlagener Selbstwert, der dich auffordert, dich zu mögen und zu akzeptieren, so, wie du bist?
- Falls ja: Magst du dich nur dann, wenn dich andere mögen?
- Jobs geben auch Struktur. Wie gehst du damit um, wenn dir jemand eine Struktur vorgibt? Fühlst du dich eingeengt und fremdgesteuert oder bist du gelassen, weil du hinter der Aufgabe stehst und in ihr einen Sinn siehst, der deinem Leben Fülle verleiht?
- Apropos Sinn: Wann bzw. wodurch verleiht dir ein Job Sinn? Und wann wäre ein Job sinnentleert?
Nimm dir den Glaubenssatz, der am meisten in dir ausgelöst hat, z. B. Ich reiche sowieso nicht aus. oder Niemand will mich so, wie ich bin. und kehre ihn angemessen und gesund um:
- Ich reiche aus.
- So, wie ich bin, bin ich wertvoll.
- Ich bin genauso wertvoll wie andere.
- Niemand ist gut oder schlecht, höchstens geeignet oder weniger geeignet für diesen Job.
- Ein Job sagt nichts über meinen Wert aus.
- Ich bestimme meinen Wert allein.
- Was ich von mir denke, ist mir wichtiger.
- Absagen diktieren nicht meine Zukunft. Mein Selbstvertrauen und das Wissen darum, was ich wert bin, weisen mir meinen Weg.
- Ich lerne aus jeder Absage wertvolle Impulse für die nächste Bewerbung.
- Wem ich nicht passe, der passt nicht zu mir.
- Zusagen sind keine Liebesbeweise. Absagen sind keine Trennungen.
- Ablehnungen haben mehr mit dem Anderen zu tun als mit mir.
- Ich bin ein wertvoller, talentierter Mensch.
- Ich nutze meine Angst und lasse mich von ihr motivieren.
- Ich mache mir meine Angst zunutze und gebe nicht auf, bis ich einen mir dienlichen Job gefunden habe.
Mut, Vertrauen, Macht über seine Gedanken und Gefühle sind wichtige Hilfsmittel, wie du siehst. Nutze sie bestmöglich für dich. Erinnere dich daran, dass niemand über deinen Wert entscheidet. Übe dich täglich in der Bestätigung deiner selbst, so, wie du bist – besonders im Umgang mit Absagen, die oft in Bewerbungsprozessen unvermeidbar sind. Denke vor allem daran, dass jede Ablehnung mitunter eine wunderbare Fügung des Schicksals sein kann. Sei stolz auf alles, was du kannst und bist. Denn nicht jeder Job, der gut klingt, muss auch gut sein. Auch Personaler verstecken in Ausschreibungen die Schwächen und fehlenden Skills des Unternehmens (bzw. der Menschen, die dort arbeiten).
Kleiner Tipp für Bewerbungen: Hard Skills und Soft Skills
Personalchefs erwarten zwar sogenannte Hard Skills – Muss-Qualifikationen – im Sinne erworbener Fähigkeiten, z. B. Schul- oder Studienabschluss, Zertifikate, Fortbildungen und Sprachfähigkeiten, durch Zeugnisse und Beurteilungen nachweisbar. Am Ende entscheiden aber oft die erwähnten Soft Skills, sogenannte weiche Faktoren. Eben nach diesen werden Bewerbungsunterlagen häufig durchsucht und sortiert.
Unter Soft Skills versteht man Faktoren wie soziale Kompetenzen, eigene Persönlichkeit, Verhaltensweisen und im beruflichen Umfeld eingesetzte Eigenschaften eines Bewerbers. Einige Soft Skills geben Auskunft über die persönliche Reife/Entwicklung eines Bewerbers. Es geht hierbei also nicht um fachliche Qualifikationen. Die Beschäftigungsfähigkeit eines Bewerbers geht oft mit dem Begriff der Schlüsselqualifikation einher – bedeutet, dass ein Jobanwärter Merkmale besitzt, um ihn vielseitig einzusetzen und die Chance auf einen Job zu erhöhen.
Bereitschaft zum Lernen, Kritikfähigkeit, gutes Zeit- und Selbstmanagement sowie Teamfähigkeit sind typische Soft Skills. Ebenso zählen Empathie, Kollegialität, Eigeninitiative, Kreativität, Belastbarkeit, Ziel- und Lösungsorientierung und Verantwortungsbewusstsein dazu. Demzufolge sind diese Talente und sozialen Stärken der jeweiligen Persönlichkeit zuzuschreiben. Der Grundstein dazu wird oftmals während der Kindheit und Jugendzeit gelegt. Fähigkeiten wie Rhetorik und Überzeugungskraft werden dagegen erst während des Berufslebens geschult und entwickelt.
Diese persönlichen Soft Skills sind bei jedem Menschen anders. Sie können in der Bewerbung aber zu einer Vorentscheidung führen, ob du ins Team oder zur Unternehmenskultur passt. Wichtig jedoch ist – während wir alle glauben, alle Soft Skills zu besitzen -, dass du nur diejenigen aufzählst, die du wirklich besitzt UND diejenigen, die wichtig sind für das Jobprofil. So kann Empathie in Führungspositionen zwar hilfreich für ein gutes Verhältnis zu seinen Mitarbeitern sein, aber hinderlich, wenn man Kritik üben oder unternehmerische Interessen durchsetzen muss. Eigeninitiative und Verantwortungsbewusstsein kann bei arbeitsreichen Jobs mit hohem Stresspotenzial Gold wert sein, aber in Teamsituationen, wo Zusammenarbeit gefordert ist, mehr als störend wirken.
So mancher Soft Skill kann damit eine schlechte Note, nur bedingt gutes Arbeitszeugnis oder einen fehlenden Abschluss wettmachen. Derjenige wird die Stelle bekommen, der durch seine Persönlichkeit hervorsticht. Gerade in Firmen mit einer hohen Mitarbeiterzahl kommt es darauf an. Denn mit Kollegen/Kunden verbringen wir viel Zeit zusammen, oft mehr als mit der eigenen Familie und nicht selten kennen wir die Belegschaft bzw. Kunden besser als unsere Nachbarn. Doch Kollegen kann man sich nicht aussuchen. Ob Phlegmatiker, Bürokraten, Blender oder Karrieristen – im Büro treffen alle aufeinander. Die große Kunst ist es, damit umgehen zu können und trotzdem man selbst zu bleiben, während man seine bestmöglichste Arbeit leistet.
Studien belegten zudem folgerichtig, dass sich der Erfolg im Beruf aus zehn Prozent Leistung und 90 Prozent Soft Skills im Bereich der Diplomatie (offen für Gespräche, Fairness, Verhandlungsgeschick), Soziologie (sich in ein Umfeld einfügen und sozial verhalten), Psychologie (Selbstvertrauen, sich und andere einschätzen können, Grenzen setzen und wahren, gesunde Verbindungen aufbauen), Publicity (Leistung, Aufmerksamkeit, Lob und Kritik ertragen können) und etwas Travestie (sich zeigen/darstellen, spielerisch agieren) zusammensetzt. Wer allgemeine Soft Skills in seine Bewerbung schreiben möchte, sollte sich also auf diese konzentrieren.
- Bei welchem dieser Punkte siehst du eine Schwäche?
- Wo kannst du dich unterstützen und wie?
- Wer könnte dir dabei helfen?
Stärken und Schwächen vorteilhaft hervorheben – so geht’s
Im Endeffekt sind vorhandene Soft Skills Stärken und nicht erworbene bzw. noch ausbaufähige Skills Schwächen. „Was sind Ihre Schwächen?“ ist eine Frage, die jeder Bewerber kennt und oft auch fürchtet. Denn kaum ein Satz bietet mehr Potential zu massiven Fettnäpfchen, die letzten Endes sogar die Chance, den Job zu bekommen, vernichten können. Viele Bewerber sind daher von vornherein auf diese Frage vorbereitet – mit Standardantworten.
Der Personalchef versucht mit dieser Frage zu klären, ob du kreativ und spontan reagieren kannst und/oder dich auf das Gespräch vorbereitet hast, es ernst nimmst, eigenständig denkst statt Standardantworten abzuspulen. Deine Antwort auf diese Frage sagt viel über deine Ambition aus, deinen Willen und deine Motivation, in dem Unternehmen zu arbeiten. Deshalb werden einige Personalchefs die Frage nach deinen Schwächen tarnen. Zum Beispiel fragen sie stattdessen nach Eigenschaften, die dir von einem ehemaligen Chef oder Kollegen nachgesagt wurden (Was schätzten Ihre Kollegen an Ihnen?) oder die in der Beurteilung standen. Daraus kann man vieles ableiten. Oder die Frage wird selbstkritischer gestellt:
Was würden Sie gern an sich ändern?
Einige Personaler stellen aber auch Skalenfragen wie „Wie schätzen Sie sich (in einer bestimmten Eigenschaft/Kompetenz) auf einer Skala von 1 bis 10 ein?“ Dadurch sollen Schwächen identifiziert werden, wobei Werte kleiner als sieben bereits als solche gedeutet werden. Ein Wert von zehn klingt überheblich und deutet auf Egoismus – in kaum einer Branchen eine gern gesehene Eigenschaft. Am besten sind Werte von sieben bis neun. Personaler wissen natürlich, dass jeder Mensch Schwächen hat. Einzuräumen, man wäre perfekt, würde aber überheblich und arrogant klingen. Das wirft kein gutes Licht auf dich.
Folgendes sollte man auf gar keinen Fall sagen:
- Rudimentäre Eigenschaften/Kompetenzen, die für die Stelle wichtig sind, nicht zu besitzen: Eine Krankenschwester muss belastbar und menschenfreundlich sein, ein Dozent muss Spaß am Lehren und Interesse an Pädagogik haben, Menschen, die in Büros arbeiten, müssen PCs mögen und Sitzen ertragen usw.
- Niemals sagen: „Ich arbeite im jetzigen Job zu viel!“ oder „Alle anderen im aktuellen Job können nichts. Alles muss ich allein machen!“. Im ersten Moment klingen diese Aussage sehr verständlich, doch auf den zweiten Blick offenbaren sie, dass der Bewerber zumindest mit seinem Zeitmanagement schwer klarkommt – und offensichtlich auch wenig umgänglich ist.
- Standardaussagen wie „Ich kann alles!“ verstehen Personaler als Vertuschung von Makeln, deuten es als Zeichen für Arroganz und daraus ableitend für nicht vorhandene Teamfähigkeit.
- Es sollten auch nicht alle Schwächen wie bei einem Gedicht auswendig gelernt aufgesagt werden. Ein bis zwei Schwächen, nebenbei erwähnt, reichen vollkommen aus. Eine wirkliche Schwäche kann durch Wörter wie „gelegentlich“, „stellenweise“, „hin und wieder“ oder „manchmal“ geschmälert werden. Es ist übrigens ein gutes Zeichen zu sagen, dass man von seiner Schwäche weiß und an dieser arbeitet. (Aber Achtung: Viele Personaler fragen hier gern, wie man an ihr arbeitet. Hier sollte man eine pfiffige Antwort parat haben wie z. B. mit einem Coach, einer Freundin, Standardwerken zu diesem Thema, die man jedoch mit Titel benennen können sollte!)
- Die beste Strategie ist es, die Schwächen bewusst zu dosieren und nicht zu übertreiben.
Wurden beim Vorstellungsgespräch die Schwächen abgefragt, kann es mit den Stärken weitergehen. Vielen Bewerbern fällt es leichter, über Stärken als über Schwächen zu sprechen. Doch wer Angst hat, sich zu bewerben, tut sich besonders mit seinen Stärken schwer – oft auch, weil er meint, keine nennenswerten zu haben. Doch Stärken sollten im Anschreiben und Bewerbungsgespräch hervorgehoben werden.
Auch hier gilt: Die Dosis macht das Gift.
- Hebe dich nicht selbst in den Himmel. Man sollte authentisch bleiben. Hebe einige markante Stärken hervor, die für den neuen Job wichtig sind.
- Stärken können mit Beispielen belegt werden. Es klingt einfach, Schlagworte aufzuzählen wie: innovativ, belastbar, lernfähig oder teamfähig. Doch so einfach ist es nicht. Die Stärken sollten an konkreten Beispielen festgemacht werden z. B. aus einem vorherigen Job bzw. Projekten, an denen du gearbeitet hast, wo du eben diese Stärke einsetzen konntest.
- Nicht an Situationen gebundene Aussagen wiederum zeichnen deine Persönlichkeit „im Allgemeinen“ aus. Das kann auch so benannt werden: „grundsätzlich“, „im Allgemeinen“, „von Natur aus“ bin ich …. XYZ.
Andere Wege, seine Stärken auszudrücken, sind:
- „Ich komme mit Stress und Zeitdruck gut zurecht. Wenn Deadlines für Aufträge näherrücken, kann ich dennoch Ruhe bewahren und konzentriert arbeiten.“
- „Ich stehe neuen Themengebieten und Aufgabenbereichen positiv gegenüber und kann mich gedanklich schnell in ein neues Thema hineinversetzen. Deshalb liegt mir die Arbeit im Bereich X auch so sehr am Herzen. Es stillt meine Freude am Lernen.“
- „Meine Kreativität kam mir oft zugute. Ich konnte sie in der Vergangenheit besonders nutzen, um Herausforderungen in Projekten angemessen und ruhig zu begegnen.“
- „Wenn ich mir ein Ziel setze, verpflichte ich mich diesem. Meine Zielstrebigkeit hat mir in den letzten Jahren sehr geholfen.“
Alles sollte schlussendlich natürlich – authentisch klingen statt aufgesetzt und abgeschrieben. Nur Bewerbungen, die die Persönlichkeit des Bewerbers durchblicken lassen, werden in Erinnerung bleiben und zu Vorstellungsgesprächen führen. Wer wie ein Bewerbungsratgeber ausschließlich Standardsätze aneinanderreiht, wird eher mit Absagen rechnen können. Denn hier kommt nur mangelnde Motivation aka Desinteresse und Fließband-Bewerbungs-Mentalität rüber. Vor allem zeigen sie deutlich, dass der Bewerber nur diesen Job will, weil er EINEN Job will. Möge das auch stimmen – wenigstens aus finanzieller Sicht -, so sollte man dennoch klar ausdrücken, dass man die Stelle will, weil man sich für diese eine Stelle eignet – und wieso.
Bei anhaltender Angst: Erinnere dich an deine WÜRDE
Wie schon erwähnt: Jobwahl und Partnerwahl haben einiges gemeinsam. Stell dir vor, jemand würde sich bei dir als PartnerIn bewerben – nicht wegen dir, sondern einfach nur, weil er IRGENDWEN will, der ihn/sie will, der sich kaum Mühe gibt, dich kennenzulernen oder sich zu zeigen. Sehr wahrscheinlich würdest du dir sehr verschaukelt vorkommen oder dich zumindest wundern. Vielleicht hilft es, dir den Bewerbungsprozess wie ein Date vorzustellen?
Ein Ereignis und doch Prozess, der Spaß machen darf statt Frust verursacht. Immerhin bist du auf der Suche nach einer Aufgabe in einem Unternehmen, der du dich viele Stunden deines Lebens widmen wirst. Aber so wie auch Partner unsere Schwächen akzeptieren und oftmals sogar auffangen bzw. ausgleichen, so sind auch Unternehmen aka Personaler nur Menschen, die nach jemandem suchen, mit dem die Erledigung der Aufgabe langfristig funktionieren wird/kann. Nur selten verhalten sich nicht wie Monster, Könige oder Königinnen und behandeln dich wie einen Untertan. Und die Personaler – jene, die ich schon oben beschrieb -, die dir das Gefühl der Unterlegenheit durch Arroganz und Uneinsichtigkeit vermitteln, sind Menschen, die dir zeigen, was das Unternehmen an Werten abverlangen wird. Ordentliche Personaler verhalten sich anders: nämlich „ordentlich“ im moralischen Sinne, klar, strukturiert, offen, menschlich, fair und ehrlich. Ein Bewerbungsprozess kann deshalb immer würdevoll sein und bleiben – trotz Angst-, selbst dann, wenn man letzten Endes eine Absage erhält oder aber freiwillig erteilt.
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