Psychische Angstbewältigung & ihre Mechanismen
Hinweis: Werden nachstehende Abwehrmechanismen zu oft oder aber gar falsch angewendet, kann sich die Angstabwehr ins Gegenteil kehren, gegen uns selbst, und unsere Angst noch verschärfen. Es ist daher wichtig, dass wir sie gezielt einsetzen und darauf achten, dass wir die Angst haben, die wir versuchen, zu bewältigen. Dieser falsche Einsatz würde laut der Psychologin Verena Kast erst zu Angststörungen, Phobien und auch Depressionen führen.
Wenn wir Angst haben, geht es meistens um Verluste und Misserfolge, die wir fürchten, besonders, wenn uns die Sache oder der Mensch sehr am Herzen liegt, uns wichtig ist, für unser Wohlergehen eine große Rolle spielt. Es treten oft die Sorgen um die Zukunft auf, wie sie aussehen wird, wenn…, was sich alles ändern würde, wenn…was wir alles verlieren würden. Alles, was uns gerade wertvoll erscheint, droht zu gehen. Diese Verlustangst geht einher mit Trennung, ein befürchteter chirurgischer Schnitt, für den wir nicht vorbereitet sind, auf den wir keine Antwort zu haben glauben. In dieser Opferrolle verlieren wir den Bezug zu uns, unsere Identität geht mit verloren und der Gedanke, wir wären bewegungslos, könnten nur machtlos zusehen, löst Angst aus.
Laut Kast setzt mit der auftretenden Angst auch sofort eine Angstbewältigung ein, ein Abwehrmechanismus. Die wichtigsten Bewältigungsmechanismen sind :
- Distanzieren: Wenn wir uns mittels Distanz aus der Angst ziehen, dann sagen wir uns meist Sätze wie: „Beruhig dich! Entspann dich! Atme ruhig! Komm erstmal zur Ruhe und denk nach!“ Das entspannt den Körper und wirkt gegen die körperliche Angstreaktion. Durch diese Minderung der Symptome sind wir dann in der Lage, uns von der angstbesetzten Situation zu distanzieren. Wir betrachten die Sache aus einem anderen Blickwinkel, mit Distanz.
- Rationalisieren: Das Distanzieren verbinden wir häufig mit dem Rationalisieren: Man bräuchte keine Angst zu haben, man solle sich nicht so haben, man solle sich beruhigen und jetzt nicht durchdrehen… Nimmt man sich selbst durch zu viele Sorgen die Möglichkeit, etwas gegen seine Angst zu tun, „holen“ wir meistens einen anderen, und sei es nur für Rat oder für eine Verantwortung, die wir gerade nicht tragen können. Diese Person wird dann zweifellos der Retter in der Not und obwohl wir der Person vormals nie mit dieser und jener Situation konfrontiert hätten oder derjenige vormals nie tatkräftiger war als wir, vertrauen wir uns demjenigen mit unserem Umstand an. Rationalisieren meint auch das Totanalysieren eines angstbesetzten Umstands. Es geht darum, dass wir die Angst nicht mehr spüren wollen.
- Projektion: Wenn eine Angst nicht greifbar ist und wir gar nicht genau sagen können, was uns gerade Angst macht, greifen wir oft unbewusst zur Projektion und projezieren unsere Angst auf jemand/etwas anderen. Bei Beziehungsängsten hören wir uns dann meist sagen, dass er/sie uns ja sowieso nicht liebe. Beruflich fixieren wir uns auf Kollegen, die uns „mobben“ und nur Schlechtes wollen. Die privaten Geldprobleme werden auf den Vermieter oder jemand anderen projeziert. Somit hat man auf der einen Seite eine Angstexistenzberechtigung. Auf der anderen Seite machen wir unsere Angst damit plastisch und leichter zu handhaben. Wenn wir die Angst benennen können, können wir sie einfacher bewältigen. Für Kast besteht die Schwierigkeit darin, dass man sich selbst anschauen und zu seinen Ängsten stehen kann, anstatt das gesamte Gewicht auf jemand/etwas anderes zu lenken. Die echte Angst kommt aus einem selbst.
- Entwertung: Wenn uns eine eventuelle Ent- bzw. Abwertung Angst macht oder wir fürchten, dass wir einen Verlust erleben, entwerten wir oft die Situation oder den Menschen. Wir sagen dann, dass derjenige ohnehin wenig Wissen hätte oder der potenzielle Arbeitgeber, bei dem man sich beworben hat, sowieso schlecht gezahlt hätte oder der begehrte Partner sowieso dies und das wäre, womit man nicht leben könnte.
- Psychopharmaka: Medikamente, die die Angst vermindern, gehören ebenfalls zu einem Abwehrmechanismus.
Wichtig beim Umgehen der Angst sei vor allem, dass Hoffnung, Inspiration und Freude als der Gegenpol von Angst beachtet wird. Mit Angst würde ein gesamtes Emotionsfeld einhergehen, das aus Spannung, Furcht, Panik, Beklemmung, Kummer, Zorn, Aggression und Wut bestünde. Besonders die letzten beiden gehen Hand in Hand mit einer häufigen Angstabwehr, nur im Sinne von Angriff durch Aggression und Wut. Richtet sich diese aber nur gegen sich selbst – also ist die Wut und die Aggression nur in unserem Kopf und kommt nicht zu der Stelle, an die sie soll/gehört – findet die Umkehrung bzw. der falsche Einsatz der Angstbewältigung statt.
Quelle: Kast, Verena: Vom Sinn der Angst (HERDER spektrum)
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