Man kann sich nicht aussuchen, wen man kennenlernt … und noch weniger, in wen man sich verliebt. Schwierig wird es für das eigene Liebesglück, wenn sich der Partner als bindungsängstlich outet oder eindeutige Symptome von Bindungsangst zeigt. „Normale“ Beziehungsstrukturen wie offene, kompromissbereite Gespräche, Vertrauen ineinander und die Anfangszeit gestalten sich völlig anders: Je nach Bindungsstil folgt auf das bekannte Love Bombing von ängstlich-vermeidenden Partnern nach kurzer Zeit Distanz. Viel Distanz, oft auch Trennung bzw. kurzzeitiger Rückzug (Distanz), wenn sie merken: „Ich bin noch nicht bereit für eine neue Beziehung“ oder „Ich traue mir im Moment keine Beziehung zu“. Ängstlich-ambivalente Beziehungsangst zeigt sich hingegen in Klammern und starker Verlustangst, zu oft auch in Wut und tiefer Enttäuschung darüber, dass der Partner ihre Bedürfnisse nicht erfüllt.
Manchmal münden Partnerschaften mit bindungsängstlichen Strukturen in einer On-Off-Beziehung, manchmal in eine co-abhängige. Die jeweiligen Partner:innen fühlen sich nicht nur schuldig („Was habe ich falsch gemacht?“). Sie beginnen auch schnell, ihr Verhalten anzupassen, um Nähe wiederherzustellen und Verlust zu vermeiden. Sie versuchen – wie wir alle -, ihre Angst abzuwehren. Emotionale Sicherheit ist nur leider mit einem bindungsängstlichen Partner fast unmöglich. Genauso unmöglich, wie sich von diesem einfach so zu trennen. Es gilt: Je gesünder der eigene Bindungsstil ist, umso leichter fällt es. Je unsicherer, ängstlicher er ist, umso schwerer ist.
Was kannst du tun, um eine Trennung zu vermeiden und doch glücklich mit deinem Bindungsängstler zu werden? Ich verrate dir meine besten Tipps aus 5 Jahren Praxis und lade dich gleichzeitig ein, deinen eigenen Stil zu prüfen. Das wird dir entscheidend weiterhelfen, eure Beziehung – und die Angst, die in ihr herrscht – zu navigieren. Als Ex-Betroffene (desorganisierter Bindungsstil) weiß ich bestens, wie sich dein Partner und du fühlen.
Wie sich Angst in Bindungen zeigen kann
Bevor ich über typische Symptome von Bindungsangst spreche, möchte ich einige Begriffe erklären:
Beziehungsangst ist die Angst in Beziehungen (statt vor Beziehungen). Sie zeigt sich z. B. in Form von Eifersucht, Verlustangst, Klammern, Vermeidung von Konflikten, wenig/viel Sexualität als Kompensation und Flucht, Fluchtverhalten bei Auseinandersetzungen, On-Off-Strukturen usw. Sie wird oft Synonym mit Bindungsangst verwendet, obwohl sie sich per se auf Partnerschaften bzw. romantische, erwachsene Beziehungen bezieht. (Bindungsangst hingegen schließt alle Bindungen im Leben eines Menschen mit ein. Mehr dazu gleich.)
Angst vor Liebe bedeutet, dass Personen Lebenspartnerschaften im Gegensatz zu Liebesbeziehungen vorziehen. Hier teilt man sein Leben mit dem anderen, ohne emotional zu stark verwickelt zu sein. So gehen betroffene Personen Schmerz aus dem Weg, während sie gleichzeitig versuchen, ihre Angst vor Verlust zu kontrollieren.
Bindungsangst hingegen rührt aus der Forschung über die Bindungstheorie bei Kleinkindern her. In dem sog. „Strange Experiment“ (Die Fremde Situation) und folgenden Untersuchungen waren es u. a. Cowlby und Ainsworth seit den 1950ern, die mehrere Bindungsstile herausstellten: Sie untersuchten dafür die Reaktionen von Kleinkindern, wenn ihre Mutter den Raum verließ. Ursprünglich wurde zwischen dem gesunden (sicheren) Stil unterschieden und den unsicheren Stilen (ängstlich und vermeidend). Erst später fügte man den sog. desorganisierten Stil (eine Mischung aus ängstlich und vermeidend) hinzu. Aus den Bindungsstilen lassen sich für erwachsene Beziehungen auch Beziehungsstile ableiten – ein inneres Arbeitsmodell für/bei Bindungen. Es zeigt dir, wie du in und auf Bindungen reagierst, wie dein Umgang mit beziehungstypischen Ereignissen ist und wie du mit Trennung und Distanz bzw. Nähe und Bindung umgehst – sexuell, lokal, emotional, körperlich und psychisch. Hier finden wir also die typischen Symptome von Bindungsangst bzw. Anzeichen von Angst in Beziehungen per se. Denn Bindungsangst zeigt sich selten nur in Partnerschaften. Auch im Job oder innerhalb der Familie, des Freundeskreises und eigener Mutter/Vater-Kind-Beziehungen lassen sich bindungsängstliche und vermeidende Merkmale erkennen.
Typische Symptome von Bindungsangst
Ausgehend von den Bindungsstilen und entsprechenden Beziehungsmustern wirst du mit diesen Symptomen (an dir oder deinem Partner) konfrontiert sein:
Der gesunde, sichere Stil
„Ich weiß, dass wir füreinander da sind, wenn wir uns brauchen.“ –> „Du bist okay. Ich bin okay.“
- verfügbar
- sensibel
- empfänglich
- akzeptierend
- vertrauensvoll
- kommunikativ
- kompromissbereit
- selbstbewusst
- emotional offen (Gefühlsausdruck und -empfängnis)
Unsichere Stile & Beziehungen und ihre Symptome
Nun zu den ängstlichen und vermeidenden Anzeichen von Angst in romantischen Beziehungen:
Ängstlich-ambivalente Symptome: hohe Ängstlichkeit
„Bist du für mich da, wenn ich dich brauche? Ich weiß es nicht. Kann ich dir denn vertrauen?“ sowie „Du bist okay. Ich bin nicht okay.“
- romantisieren und idealisieren Liebe
- gering im Selbstwert, Selbstvertrauen und -bewusstsein
- misstrauisch
- ängstlich in Konflikten
- starke Verlustangst (Klammern, Eifersucht usw.)
- schnell ängstlich-überwältigt
- tendieren zu Verzweiflung und Panik, wenn Partner abwesend ist oder Distanz braucht
- wehren Angst ab, in dem sie dann verstärkt Bestätigung und Kontakt suchen
- in Distanz zweifeln sie an Liebe und Beziehung (und den Gefühlen des Partners für sie)
- können teilweise stark wütend bzw. fordernd werden, anklagend, vorwurfsvoll aufgrund ihrer unerfüllten Bedürfnisse
- team- und gruppenorientiert, teilnehmend und Teilnahme wollend
„Ich darf jetzt lernen, für mich da zu sein, ohne dass es mir schlecht geht.“
„Auch ohne Partner bin ich liebenswert.“
„Auch wenn mein Partner abwesend ist, werde ich geliebt.“
„Konflikte und Meinungsverschiedenheiten vertiefen unsere Verbundenheit.“
Gleichgültig-vermeidende Symptome: hohe Vermeidung
„Ich brauche niemanden. Wozu brauchst du mich?“ – „Liebe gibt es nicht. Beziehungen zerbrechen sowieso.“ sowie „Du bist nicht okay. Ich bin okay.“
- starke, unabhängige Persönlichkeit
- bagatellisieren enge Beziehungen und Partnerschaften (glauben, ohne glücklicher zu sein)
- binden sich entsprechend ungern
- haben gelernt, auf sich allein gestellt zu sein
- suchtanfällig
- nehmen nur bedingt Hilfe an
- helfen ungern anderen (gehen davon aus, dass sich jeder um sich kümmert/kümmern können müsste)
- gefühlsabweisend und sprechen Gefühle selten aus
- wirken oft gefühlskalt
- sind oft sehr charmant und wissen um ihre Wirkung
- leben stark isoliert, viele haben kaum enge Beziehungen
- brauchen viel Raum für sich
- scheuen oft körperliche und emotionale Intimität
- tatkräftig, oft beruflich erfolgreich und finanziell gut situiert
- geringe Kompromissbereitschaft, ziehen sich bei Konflikten schnell zurück
- maskieren sich, um ihr wahres Selbst zu verdecken
„Ich darf jetzt lernen, andere für mich da sein zu lassen, ohne dass ich mich eingeengt fühle.“
„Ich darf jetzt lernen, für andere da zu sein, ohne sie für schwach zu halten.“
„Verwundbarkeit ist menschlich.“
„Mit einer Partnerschaft gewinnt mein Leben an Tiefe und Bedeutung.“
„Auch wenn mein Partner anwesend ist, fühle ich mich verbunden.“
„Indem ich mir erlaube, zu fühlen und zu brauchen, stärke ich unsere Beziehung.“
„Mit Menschen in Verbindung zu sein, tut mir gut. Verbundenheit erleichtert mich.“
Ängstlich-vermeidend (aka desorganisiert) Symptome: hohe Ängstlichkeit und hohe Vermeidung
„Ich will schon eine Beziehung, aber ich kann nicht.“ – „Immer, wenn ich eine Beziehung habe, geht alles schief.“ sowie „Ich bin nicht okay.“ (aka „Es liegt an mir, nicht an dir.“)
- Mischung aus ängstlich und vermeidend
- reagieren und wirken deshalb unberechenbar, kaum greifbar und verständlich
- viele bemühen sich, „perfekt“ zu sein bzw. zu wirken
- charmant, zuvorkommend, hilfsbereit
- selbstbewusst – können urplötzlich unsicher werden
- Maske ihres falschen Selbst fällt im Vgl. zu gleichgültig-vermeidenden Personen schnell(er)
- können über ihre negativen Gefühle und Ängste reden, wenn sie ihre Angst abwehren wollen/müssen (oft erst im „Was sind wir denn“-Gespräch, wenn der andere wissen will, ob man nun zusammen ist oder nicht)
- können nur schwer bis gar nicht über ihre positiven Gefühle reden (oder sie zeigen)
- können Gefühlsbekundungen anderer annehmen, aber nur schwer glauben
- kritikempfindlich und tun sich schwer damit, Kritik zu äußern
- sensibel (verletzlich)
- heimliche Selbstwertzweifel
- Lob und Geschenke können sie schwer annehmen (bzw. ihre Freude darüber zeigen)
- insgeheim misstrauisch bzgl. Liebe und Beziehungen (= Quelle der größten Freude und gleichzeitig Quelle des größten Leids = Gefahr)
- Drang nach Autonomie/Unabhängigkeit kämpft mit Sehnsucht nach Liebe/emotionaler Nähe
- können eifersüchtig, besitzergreifend sein
„Ich darf alle Seiten an mir ausleben.“
„Ich bin liebenswert, so, wie ich bin.“
„Auch wenn mein Partner einmal nicht da ist, bin ich sicher und okay.“
„Auch wenn mein Partner da ist, bin ich sicher und okay.“
„Konflikte und Meinungsverschiedenheiten vertiefen unsere Verbundenheit.“
„Liebe und Beziehungen sind sichere Orte, wenn ich mich der Sicherheit hingebe – und vergebe.“
Was du tun kannst, wenn dein Partner oder du Symptome von Bindungsangst zeigen
Seine Bindungsangst zu überwinden, kann ordentlich Angst machen. Aber: Viele erleben noch viel stärkere Angstzustände bis hin zu Panikattacken sowie depressive Episoden nach/durch Ereignisse in ihrer Beziehung. Die meisten beruhigen sich erst wieder in der Distanz, wenn sie sich eingeengt fühlten. Oder sie regulieren sich erst wieder in der Nähe, wenn sie sich verlassen und übersehen/ignoriert gefühlt haben. Es sollte also das oberste Ziel sein, dass deine Bindungsangst oder die des Partners gelöst wird.
Falls du eine Partnerin/ein Partner eines bindungsängstlichen Menschen bist, lege ich dir mein Angebot „SAFE US – Beziehungsängste des Partners navigieren“ ans Herz. Es ist ein auf 6 Wochen konzipiertes Selbstlernprogramm mit optionalen Beratungen sowie WhatsApp-Betreuung für eine effektive Kommunikation (z. B. „Was soll ich schreiben – tun, wenn er nicht antwortet?“) oder andere Umstände, die dir Sorgen bereiten (Urlaub, Wiedersehen, Konflikte usw.). Es berücksichtigt, falls du selbst keinen sicheren, gesunden Bindungsstil haben solltest. Da sich Bindungsstile durch unsichere Beziehungen verschlechtern können, ist Angst bei Partner:innen ängstlicher/vermeidender Personen gar nicht so selten, wie man denkt. Das lässt sich lösen. Als ehemalige Bindungsängstlerin gebe ich dir meine Tipps & Tricks aus 1. Hand mit. Ich selbst agiere als Mentorin für herausfordernde Beziehungen und begleite dich auf den Weg zu einer beiderseits sicheren Beziehung, sowohl mit kommunikationsstrategischen Mitteln als auch vermittelnden Erklärungen: Ich bin oft die Brücke zwischen zwei Partnern.
Für Personen mit Bindungsangst habe ich ein 4-monatiges Programm ins Leben gerufen, dass sich Ängsten in Beziehungen widmet, um sie zu überwinden: Fearless Love. Es ist ein einzigartiges wöchentliches 1:1 Mentoringprogramm, offen für Frauen und Männer, die endlich in Partnerschaften Sicherheit spüren wollen, ohne ständig ihre Trigger zu bedienen. Meine Klient:innen lernen bei mir, wie sie ihre Traumata aus früheren Bindungen erkennen und verstehen und mit einer neuen Art der Regulierung auflösen. Wir bedienen uns deiner aktuellen Beziehungen (Job, Freunde, Familie, evt. Partnerschaft), um so zu justieren und Finetuning zu machen. Eine WhatsApp Betreuung und zusätzliche Online Lerninhalte stehen während der gesamten zeit zur Verfügung.
Dieses Programm braucht deinen unbedingten Willen, deine Beziehungsmuster für zukunftiges Liebesglück aufzulösen und zu erneuern. Melde dich gern zu einem ganz unverbindlichen Kennenlerngespräch an >> Gemeinsam schauen wir, ob wir harmonieren und was wir gemeinsam für dich und deine Zukunft erreichen können.
Herzlichst
Janett Menzel
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