Selbstfindung ist ein mutiger Akt für Frauen, der Angst mit sich bringt. Aber gehen wir durch diese Angst hindurch, können wir zu der Frau werden, die wir wirklich sein wollen. Viele von uns fühlen sich von all den Veränderungen und Konsequenzen schon vorher erschlagen, auch wenn wir seit langer Zeit Unzufriedenheit und Leere in unserer Partnerschaft, im Beruf oder anderen Lebensbereichen fühlen. Die Autorin Ella Schwarz thematisiert diesen inneren und äußeren Seins- und Lebenswandel in ihrem halbbiografischen Roman „Und morgen komme ich“. Die Coachin und Ärztin betrachtet Veränderungen weniger als eine große Entscheidung, sondern mehr als kleine Schritte gegen das „bekannte Unglück“, die uns sanft dazu bewegen, unser Leben zu hinterfragen. Denn auch ihre Hauptfigur geht durch diese Phase. Sie wächst schließlich durch allerlei Unvorhergesehenes und die Kraft ihrer eigenen Sehnsucht in die neue Frau hinein, von der sie nie gedacht hätte, dass sie sie je sein würde.
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Im Gespräch mit Romanautorin Ella Schwarz über ihr Selbstfindungsbuch für Frauen „Und morgen komme ich!“

Ella Schwarz | Foto: Klara Ventz Fotografie
Janett: Hallo zusammen und herzlich willkommen an alle zu einer neuen Folge im „Podcast der vergessenen Träume“, heute mit der wunderbaren Autorin Ella Schwarz. Ella, du bist Romanautorin, hast 2023 deinen ersten Roman „Und morgen komme ich“ veröffentlicht. Magst du dich für die Leserinnen und Leser einmal kurz vorstellen und vielleicht auch gleich ein bisschen was zu deinem Roman erzählen?
Ella Schwarz: Mein Name ist Ella Schwarz und neben dem Bücherschreiben bin ich noch Ärztin und Coach. „Und Morgen komme ich“ ist mein Debütroman, in dem es um Frauen- und Persönlichkeitsentwicklung geht, und darum, seinen eigenen Weg zu finden.
Janett: Was hat dich denn dazu inspiriert, diesen Roman zu schreiben?
Ella Schwarz: Der Roman ist ein autofiktionaler Roman, also ganz viel auch aus meinem Leben und über meine Entwicklung. Im Laufe der Jahre habe ich festgestellt, wie viele Frauen ich erreiche, die den gleichen Struggle, die gleichen Probleme haben, die ich damit abholen kann.
Die Idee, den Roman zu schreiben, ist eigentlich erst mal gar nicht so bewusst entstanden, sondern ich habe einfach alles für mich aufgeschrieben. Alles, was ich erlebt habe und alle meine Gefühle. Und dann habe gedacht: Hey, das wäre vielleicht auch ein ganz gutes Buch. Und so hat sich dann eins zum anderen entwickelt.
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Der lange Weg, sich selbst zu finden: Warum viele Frauen mit Veränderungen hadern
Janett: Welche Themen sind in deinem Roman am präsentesten?
Ella Schwarz: Am präsentesten sind der Mut, Entscheidungen zu treffen, die Klarheit hinzuschauen, wie mein Leben gerade ist und die Frage „Was möchte ich im Leben?“. Und dann auch für sich zu reflektieren, ist mein Leben so, wie ich es möchte und wenn nicht, dann wieder der Mut, zu sagen: „Ne, es ist nicht so. Was kann ich daran ändern?“ Und diesen Weg auch zu gehen.
Janett: Dein Hauptcharakter Vera ist eine Frau, die langsam durch ein Ereignis in diese Richtung gezwungen wird. Auch wenn das Ereignis, wenn ich mich richtig erinnere, gar nicht so sanft ist. Wenn also jemand dieses riesige Thema „Veränderung“ nicht bewusst beschließt – die wenigsten stehen morgens auf und denken sich „Ich ändere jetzt mal mein gesamtes Leben“ –, dann passieren häufig Dinge im Außen. Deiner Hauptdarstellerin geht auf eine etwas besondere Art und Weise damit um.
Ella Schwarz: Veränderung beginnt ja in vielen Schritten. Manchmal ist es die große Veränderung, der große Wink mit dem Zaunpfahl. Aber oft sind es auch die kleinen Schritte, bei denen man denkt: Ich fühle mich nicht mehr wohl oder es kommen Dinge hoch, wo man denkt, was ist denn das? Ganz neue Seiten an sich. Gerade für Frauen, am Anfang sind wir noch so viel in Rollen. Wir überlegen uns in der Jugend noch nicht, was für einen Beruf wir haben wollen oder wie unser Leben mal aussehen soll. Dann kommen die Kinder und wir stehen irgendwann da, mit 30/40 – manche früher, manche später – und denken: Wollte ich das eigentlich so? Daraus kommt dann manchmal Unzufriedenheit oder kleine und größere Ereignisse, die umdenken lassen. Wo man hinschauen darf, um sich zu fragen, in welche Richtung soll mein Leben gehen?
Janett: Deine Hauptdarstellerin ist verheiratet und sie kommt in eine sehr typische, ich glaube, für Frauen recht bekannte Situation, dass sie sich mit anderen Frauen vergleicht. Das setzt bei ihr etwas in Gang. Ist das ein Thema, das du von dir kennst?
Ella Schwarz: Bei mir war es eher so, dass ich gemerkt habe, ich bin unzufrieden. Das passt irgendwie nicht mehr. Wie so ein Schuh, der nicht mehr passt. Man läuft zwar noch damit, aber es fühlt sich einfach nicht gut an. Man hinterfragt das ja dann auch nicht. Man hat Haus, Kinder und Ehemann. Aber sie war immer präsent, diese Unzufriedenheit – die ich nicht greifen konnte. Und dann war es ein sehr tragisches Ereignis im Außen, durch das ich aufgewacht bin und gedacht habe: Hey, ich habe nicht unendlich viel Zeit im Leben. Was möchte ich eigentlich? Und dann bin ich in die innere Arbeit gegangen, zu schauen, was ich möchte. Und zu überlegen, ob man den Mut hat, diesen Weg zu gehen.
Lebenskrisen als Ruf

Ella Schwarz | Foto: Klara Lentz Fotografie
Janett: Wenn man den Weg nicht geht, kann man ja ziemlich leicht in so eine Art Starre bzw. Lebenskrise geraten. Würdest du sagen, dass deine Hauptdarstellerin sich tatsächlich in so einer Lebenskrise befindet?
Ella Schwarz: Ich denke, dadurch, Gefühle zu hinterfragen und zu schauen, was sie wirklich möchte, kommt sie in die Krise – weil es im ersten Augenblick Angst macht, sein Leben zu verändern. Es macht eine tierische Angst. Das ist nicht – wie man es so oft suggeriert bekommt – ich ändere jetzt alles sofort. Das ist ein Weg. Und dieser Weg – ich stelle ihn mir vor, wie bei einem Schmetterling: Man ist in diesem Kokon als Raupe eingepresst und sich da herauszuschälen, das macht einfach eine tierische Angst und das bringt eine Krise. Das ist auch der Grund, warum manche zurückschrecken und dann sagen, ich bleibe lieber ein bisschen unzufrieden, als dass ich durch diese Angst gehe und mir mein Traumleben aufbaue.
Janett: Kennst du diese Angst von dir?
Ella Schwarz: Absolut. Regelmäßig, wenn ich Schritte gehe, wo ich denke, soweit bin ich doch gar nicht. Aber ich habe gelernt, mit dieser Angst umzugehen und es trotzdem zu machen – oder erst recht. Denn diese Angst zeigt mir, dass es mir wichtig ist.
Janett: Man muss ja stückweise – ob jetzt nun handfeste Lebenskrise oder latente Unzufriedenheit – an seiner eigenen Identität rütteln. Würdest du sagen, dass deine Hauptfigur ihre Identität aufbricht und nicht nur bestimmte Dinge transformiert, integriert, sondern sich stückweise ernsthaft neu erschafft.
Ella Schwarz: Ja, das würde ich schon sagen.
Die Angst vor dem Neuanfang und warum sie dazugehört

Ella Schwarz | Foto: Klara Ventz Fotografie
Janett: Und damit, wenn ich das richtig verstehe, wäre dein Buch auch ein bisschen mehr als nur Mut machend, sondern tatsächlich lebensverändernd. Also nicht nur dieses plakative Thema: „Erfülle dir deine Wünsche, mach das einfach, geh los, nimm deine Angst, nimm deine Couch und geh nach draußen und handle für das, was dir wichtig ist“. Damit hängen ja auch immer, wie du eingangs schon gesagt hast, bestimmte Rollenbilder zusammen und auch, dass das Umfeld mit beeinträchtigt wird oder sich dann neu anzupassen hat und dass es Gegenwehr gibt. Sodass man sich nicht zutraut, in eine größere Rolle zu treten oder aber Rollen abzulegen. Wie geht deine Hauptfigur damit um?
Ella Schwarz: Ich finde es ganz großartig, dass du das ansprichst, weil ich als Ärztin und Coach immer wieder sehe, wie schwer das für viele ist. Es wird immer suggeriert, dass es ganz einfach ist. Es war mir auch genau aus diesem Grund ganz wichtig, dass authentisch gezeigt wird, wie meine Protagonistin damit umgeht – mit diesen Höhen und Tiefen. Damit Frauen, die das Buch lesen, und auch Männer sich abgeholt fühlen.
Janett: Häufig ist, wenn wir etwas ändern, schon der Teufel an die Wand gemalt. Wir denken erst mal an alles Negative, das passieren kann – nur um festzustellen, wenn wir uns trotzdem trauen, loszugehen, dass es da doch ziemlich viele schöne Dinge gibt. Dinge oder Menschen, die dann in unser Leben ziehen, die vielleicht viel besser zu uns passen. Und vor allen Dingen, dass man neue, sehr positive oder aber einfach wohltuende Seiten an sich entdeckt. Ich finde, das ist häufig so ein Punkt, der total untergraben wird, wenn man sich in eine Veränderung begibt. Deine Hauptfigur hat ja auch damit zu tun, dass sie sich auf eine sehr schöne, neue Art, eine andere Welt erschafft.
Ella Schwarz: Genau. Und so, wie das Außen auch mal mit Bedenken auf die Veränderung reagiert, so sind es ja auch Teile in einem selbst, die schwarzmalen. Teile, die die Veränderung gar nicht wollen, denn es ist vermeintlich sicherer in dem bekannten Unglück zu bleiben, als das Neue zu wagen und zu schauen, was sich daraus Wundervolles entwickeln kann, wenn man dem offen eine Chance gibt.
Frauen in der Lebensmitte: Aufbruch oder Krise?
Janett: Kennst du denn diese Themen auch von dir und waren das Punkte, bei denen es dir wichtig war, dass sie mit in die Rolle integriert werden?
Ella Schwarz: Ja, sehr wichtig. Da waren einige Punkte, wo ich gesagt habe, das möchte ich mit einbringen, um aufzuzeigen: Wie ist der Weg? Wie kann die Identität anschließend werden? Das war mir ganz wichtig, denn wenn ich Teile davon weggelassen hätte, dann hätte ich das Gefühl gehabt, den Weg dahin nicht zu zeigen. Diese Befürchtungen und auch diese Gedanken zuzulassen und auf der anderen Seite das Schöne zu zeigen, was daraus entstehen kann.
Janett: Nun ist deine Hauptfigur in den 40ern, wenn ich das richtig in Erinnerung habe. Du hattest eingangs schon gesagt, bei einigen tritt das auch eher ein. Siehst du in dieser Altersspanne 30-40+ Besonderheiten bei Frauen? Vielleicht auch aus deiner Sicht als Ärztin.
Ella Schwarz: Gut, da kommen einige Besonderheiten zusammen. Häufig, je nachdem, wann man Kinder bekommen hat, sind die Kinder dann in einem Alter, wo sie selbstständiger sind und die Frauen wieder mehr Zeit für sich haben. Es kommen aber auch Hormonumstellungen dazu, die uns nochmal feinfühliger werden lassen und sensibler für uns selbst, für unsere Themen. Weg vom Funktionieren für alle anderen, für die Kinder, für die Arbeit, für den Ehemann, hin zu: Was möchte ich, wie fühle ich mich? Und: Ich habe ein Recht, mich so zu fühlen und das auszuleben, was mir wichtig ist. Ich denke, da ist gerade in diesem Alter ein großer Umbruch bei uns Frauen. Weil wir in dieser Zeit, Kinder zu erziehen oder Karriere zu machen, sehr aufopferungsvoll sind. Und da ist dann oft dieses Rückbesinnen auf ein: Was tut mir gut?
Outing als Teil der Selbstfindung
Janett: Apropos Rückbesinnung. Es gibt ein Thema bei dir, das im Roman recht subtil mitläuft, nämlich das Entdecken der eigenen homosexuellen Bedürfnisse. Aus meinen Erfahrungen mit Freunden oder auch mit Kundinnen und Kunden kenne ich, dass das viele in ihrer Lebensmitte nochmal hinterfragen. Wieso war es dir wichtig, diesen Punkt anzusprechen?
Ella Schwarz: Um ein Bewusstsein schaffen zu können, wenn man in einem bestimmten Alter, 30/40 Jahre, den Mut fasst, sich Gefühle anzuschauen, die man sonst immer untergraben hat – das war mir ganz wichtig einzubringen. Auch für Außenstehende ein Bewusstsein zu schaffen, was es bedeutet, zu sagen, ich gehe diesen Weg, ich oute mich spät. Was das für ein Riesenschritt ist, denn man ist keine 17/18/19/20 und ungebunden. Es gibt da einige, für die sich da ein komplettes Leben verändert. Vor allem für diejenigen, die das für sich erkennen.
Janett: Damit ist dein Roman nicht nur ein Mut-Stifter für Frauen, sondern ein Aufruf zur Selbstentdeckung – zum Hinterfragen alter Denk-, Gefühls- und Lebensmuster. Was würdest du denn einer Frau, die sich auf den Weg machen möchte, mit auf den Weg geben? Abgesehen davon, deinen Roman zu lesen.
Ella Schwarz: Outing kann auf ganz viele verschiedene Arten und Weisen stattfinden. Es muss nicht nur die Veränderung der Sexualität sein. Es kann genauso sein, man möchte das berufliche Leben umkrempeln oder man sagt, ich möchte nicht mehr in Deutschland leben. Outing und Coming-out bedeutet, seine Gefühle zu zeigen. Und dafür ist der erste Schritt, meines Erachtens, sich dessen bewusst zu werden.
Ehrlichkeit zu sich selbst als Schlüssel zur Veränderung
In sich rein zu spüren und zu schauen, was man eigentlich möchte, dann ehrlich mit sich zu sein und zu schauen, was da hochkommt – welche Wünsche und Bedürfnisse, die noch gelebt werden möchten. Und dann zu schauen, ist es mir so wichtig, dass ich diesen Weg gehen möchte oder zu schauen, wie man es auch im Kleinen machen kann. Es muss ja nicht immer zwangsläufig die Riesenveränderung sein – alles abbrechen und neu anfangen – sondern zu schauen, wo man das in sein Leben integrieren kann. Da darf man wirklich ganz ehrlich zu sich sein und in sich hineinspüren und die Klarheit finden.
Janett: Also quasi ein großes Coming Out: Das bin in Wahrheit ich. Ich traue mich, neu zu erkunden und mich neu auszudrücken – überhaupt erst meinen Selbstausdruck zu finden und vergrabene, vergessene Träume wieder aufzunehmen, neu anzugehen und sich für eine wunderbare Zukunft zu erfüllen.
Ella Schwarz: Absolut, ja.
Janett: Ein Buch, das perfekt in meinen Podcast passt beziehungsweise ein Podcast, der perfekt zu deinem Roman passt. Wir werden verlinken, wo man sich dein Buch kaufen kann. Danke, Ella, dass du hier warst und über dein Buch gesprochen hast. Ich wünsche dir von Herzen, dass es noch ganz viele Menschen lesen und sich motivieren lassen – von dir und von deiner wunderbaren Hauptfigur.
Ella Schwarz: Vielen, vielen Dank für deine lieben Worte und dass ich heute bei dir sein durfte.
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