Was nicht geschehen soll, wird niemals geschehen, wie sehr man sich auch darum bemüht. Und was geschehen soll, wird bestimmt geschehen, wie sehr man sich auch anstrengt, es zu verhindern. Das ist gewiss.
Weise zu sein bedeutet daher, still zu bleiben.
Ramana Maharshi (indischer Guru)
Im Internet kursieren gerade so viele Artikel und Blogposts, allesamt mehr oder weniger wunderbare Beiträge zu wichtigen, hilfreichen Aspekten des Lebens. Für viele von uns ist das Leben gerade besonders schwer. Für einige ist es normal oder gerade sehr schön. Aber für alle gibt es diesen riesigen Pott an Wissenswertem und Lebenshilfe von Menschen, denen entweder selbst Leid zuteil wurde oder aber die mit ihrer Expertise einfach nur helfen möchten.
Ich empfand mich seit Anbeginn dieses Blogs als eine Mischung aus beidem. Zum Einen hatte ich vor geraumer Zeit meine eigene Angst- und Panikstörung und durfte so unendlich viel über mich lernen. Mithilfe meiner damaligen Therapeutin und dem unentwegtem Willen, mich daraus zu boxen und mich von niemandem davon abhalten zu lassen, investierte ich sowohl Zeit, als auch höllisch viel Geld, um mir die Situation so angenehm wie möglich zu machen. Mit „angenehm“ meine ich: ertragbar und reflektierend, erörternd und lösungsorientiert. Ausnahmslos immer lösungs- und zielorientiert. Es verging wahrlich kein einziger Tag, an dem ich mir nicht genau ansah, wie ich mich verhielt, wie andere Menschen sich verhielten, was ich tat, was andere Menschen taten, wie ich Situationen durch mein Eingreifen oder Loslassen zum Besseren wenden konnte, wie ich mich wieder selbst fühlen konnte – oder was bzw. wer mich davon abhielt.
Zum Anderen habe ich Tonnen von Bücher verschlungen, die mir noch mehr helfen sollten, mir noch mehr Einsicht und Klarheit geben sollten, nur damit ich mich noch besser kennenlernen konnte.
Alles lief immer wieder auf diese Fragen hinaus: Was war? Was ist? Was soll sein? Und wo in den Situationen ist dein Platz?
Als ich diesen Blog begann, hatte ich schon (beinahe) alles, was mich leicht atmen ließ, was mir Zufriedenheit gab und womit ich – in meinen Augen – für meine Zukunft viel erreichen konnte. Ich begann zu bloggen und war voller Willenskraft und Motivation, alles, was ich gelernt hatte, in die Welt zu schmeißen, um zu helfen und Unterstützung zu geben. In meinem Kopf gab es diese wilde Mischung aus Selbstoptimierungsmethoden, Literaturtipps, Coachingtricks, Herz und Beistand. Nicht bloß für Menschen, die unter Angst und Panik litten, sondern auch für diejenigen, die eben hin und wieder mehr oder weniger Stress und respektive „Angst“ empfinden.
Meine Ziele sind noch immer da. Ziemlich wenig hat sich verändert. Ich empfinde die Aufklärungsarbeit über Angst und Panik in all ihren Facetten nach wie vor für genauso wichtig wie die Aufklärungsarbeit über Depression. Ich wünschte nach wie vor, dass ich jedem ein Stück dieses Kuchens geben könnte, der einen nie verzweifeln lässt, immer weitermachen lässt, statt sich zu bemitleiden und aufzugeben für sich selbst kämpfen lässt, unentwegt für sich da sein lässt. Entgegen aller Widerstände.
Es hat sich wenig verändert, außer einer Sache:
Diese verflixten Interviews
Als ich bei einem bekannten Trainer Deutschlands eine dieser angesagten Challenges mitmachte, addete mich eine Frau, die ich nicht kannte (und bis heute nicht kenne). Aber da sie ebenfalls mit diesem Trainer befreundet war, dachte ich mir nicht viel dabei und bestätigte die Freundschaftsanfrage. Irgendwann postete sie einen Link zu einem Onlinekongress, der ganz spirituell „Erwache“ hieß (und diese Woche endete). Ich belas mich etwas auf der Website und war nicht nur irritiert, sondern auch ungläubig. Fakten, Zahlen und insbesondere wissenschaftliche Erkenntnisse bedeuten mir mehr, als Esoterik oder Gedanken über unser Höheres Selbst, über Channeling oder Chakren. (Der Witz ist, dass ich zwischen all meinen wissenschaftlichen Büchern wenigstens 50 habe, die genau in diese Richtung gehen bzw. aus ihr kommen. Ich habe Esoterik auch immer als zusätzlichen Anreiz genommen, um mein Weltbild und meinen Lebensstil zu erweitern. Ich reagierte auch immer gut darauf.) Dennoch bedeutet Wissenschaft für mich Halt und Sicherheit.
Trotz dem dumpfen Gefühl, dass nur einmal mehr Gurus versuchen würden, die Gehirne der Menschen durch Liebe und Licht rein zu „waschen“, verfolgte ich die Interviews der Veranstalter. Ich kannte von allen Interviewten nur Byron Katie.
Am letzten Dienstagabend dann schickten die Veranstalter eine E-Mail herum. Es wäre bald ein Interview online. Heute im Gespräch:
Werner Ablass
Der Mann erzeugte im ersten Moment keine kritischen Gedanken. Damit meine ich: Alles Buddhistische oder Philosophische interessiert mich zwar sehr, aber ich fand es seit jeher schwer, die Lehren in den normalen Alltag einzubauen und erfolgreich umzusetzen. Ich klicke also in dieses Interview und erfahre, dass Werner Ablass jahrelang im mittleren Management bei Beiersdorf als Coach und Trainer gearbeitet hatte, sich dann selbstständig machte und von dortan auch Bücher über Mentaltraining und Persönlichkeitsentwicklung schrieb. Der Herr war mir also gleich sympathisch, besonders als ich erfuhr, dass er irgendwann Knall auf Fall alles liegen ließ, was ins System Wirtschaft reinpasste und trotz seiner Erfolge auch eines seiner Bücher über die Macht des Verstandes („Denken ist Macht“) vom Markt nehmen ließ. Wieso?
Werner Ablass hatte selbst eine sehr schwere Kindheit, geprägt von sexuellem Missbrauch. In meinen Augen eines der tragischten Ereignisse, die einem widerfahren können. Mich machte seine Lebendigkeit und pure Lebensfreude voll stutzig, denn seien wir mal ehrlich: Jemanden, dem so etwas geschieht, sieht man selten erfolgreich, zufrieden und eins mit sich, aber noch seltener lächeln.
Ich fragte mich das gesamte Interview durch: Was hat diesen Mann vergessen lassen? Was in dieser Welt hat ihn bewogen, alles hinter sich zu lassen, zu verzeihen und schlichtweg zu leben? Keine Depression mehr zu fühlen, keine weiteren Leistungen erstreben zu wollen, nichts mehr ändern zu wollen, sondern zu akzeptieren?
Seine Antwort: Er suchte sich und fand …
Niemanden –> dort
Denn es gibt in seinen Augen keinen freien Willen. Seine Gedanken, die ihm alles leicht und schwerelos machen, sind furchterregend einfach.
Nach 40 Jahren Suche nach sich selbst, nach seinem wahren Ich, las er ein Buch von Ramesh Balsekar, einem indischen Meister, und saß eine Woche später in einem seiner Seminare in Mumbai. Und was lernte er dort? Dass nicht ER denken, atmen oder handeln würde. Nicht in der Vergangenheit, nicht in der Gegenwart, nicht in der Zukunft. Nicht er, sondern ein konstruiertes Ich, was es nicht gäbe. Dieses angebliche, falsche, irreale Ich hätte zwar re(a)giert, aber selbst das ist falsch. Denn dieses Ich sei nur ein Gedanke. Es existiert nicht. Wir hätten als Menschen in unserem Bewusstsein nur die Idee eines Denkers, den es in Wahrheit, real, nicht gibt.
Als er dies verstand, ließ er los.
Alles liefe darauf hinaus, dass wir unentwegt wollen und meckern und irgendwelchen Dingen (oder Menschen) hinterherjagen. Bedingt durch den einen Gedanken, dass wenn nur dies und das anders wäre, würden wir zufriedener oder glücklicher werden.
- Hätten wir eine liebevollere Kindheit gehabt, ginge es uns heute besser.
- Würden wir nur endlich den einen Partner für’s Leben finden, wäre alles gut.
- Hätten wir endlich diesen einen Job, unsere Berufung, gefunden, dann wäre das Leben perfekt.
- Würden wir nur mehr Geld verdienen bzw. uns keine Gedanken über Geld machen müssen, dann ginge es aufwärts.
Dann wäre alles leichter, hätten wir nur endlich x und y und z.
Dass aber just dieser Gedanke dazuführen würde, dass wir Leid produzieren, wenn es Schwierigkeiten auf dem Weg zum Ziel gibt oder man das Ziel nur schleppend oder gar nie erreicht, würden wir Menschen übersehen. Immerhin denken wir uns allmächtig und identitätsstiftend, wenn wir etwas erreichen. Diese Gedanken seien jedoch nur ein Automatismus, erlernt, mal wieder in der Kindheit. Diese mechanischen Windungen und das ganze Gequietsche unserer Köpfe ließe sich nur umgehen, wenn wir akzeptierten, dass das Leben so wie es gerade ist, völlig okay, ja, sogar perfekt (so sagt er), ist. Jeder andere Gedanke wäre nur ein Irrtum.
An dem Punkt wurde ich kritisch, gebe ich ganz ehrlich zu. Ich musste unweigerlich an alles Leid und alle Schicksale dieser Welt denken und auch „nur“ an Menschen, denen das Leben etwas härter mitgespielt hatte. Hätte mir jemand im Juli 2013 erzählt, als ich so voller Angst und Panik war, dass mein damaliges Leben perfekt sei, hätte ich sicher nicht schlecht geguckt.
… und die Moral von der Geschicht‘
In den USA lebt ein junger Mann namens Lloyd Burnett, ein sehr netter und herzlicher Coach, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, suchenden Menschen zu vermitteln, dass aus (negativer) Leere und Mangel niemals Fülle entstehen könne. Im Englischen steht „abundance“ für materiellen und immateriellen Reichtum, Fülle und Erfüllung. Er lehrt, wie man abundance selbst steuern kann, wenn man gelernt hat, sie sich zu erlauben. Er lehrt, dass die meisten Menschen aus einem Zustand der Leere, des Mangels heraus (mit einem Zwang, einer dringlichen Notwendigkeit) versuchen, Fülle zu erschaffen, zu erarbeiten … und zumeist daran scheitern. Er lehrt, dass Spiegelgesetze zwar nett und unterhaltsam sind, aber im Endeffekt nur das, was wir als Individuum kennen, sehen werden. Er lehrt kurzum, dass, versteckt hinter Fülle, die eine, unbeantwortete Frage steht:
„Wenn ich xyz bekommen könnte, wovor hätte ich dann Angst?“ (Also was hält Dich ab, das, was Du Dir wünscht, zu tun?)
Auf den ersten Blick gibt es da wenig Negatives, was einem in den Sinn kommt, wenn man erst einmal xyz bekommen hat. Man denkt: Ne, dann wird ja alles gut! Das ist positiv. Wenn es denn nur endlich so käme …
Doch, wenn man diese Frage lange genug stellt, fällt auf, dass es da tatsächlich Beängstigendes hinter gibt. Beispiele:
Wenn ich endlich erfolgreich selbstständig wäre, dann hätte ich Angst (zu versagen, jeden Tag akquirieren zu müssen, immer arbeiten zu müssen, Klienten zu enttäuschen, und selbstständig zu sein, ohne einen Arbeitgeber im Rücken).
Wenn ich endlich den einen Mann / die eine Frau für’s Leben fände, dann hätte ich Angst (mein ganzes, restliches Leben mit dieser Person verbringen zu müssen, eine Familie gründen zu müssen, nicht mehr nur für mich selbst verantwortlich zu sein, die Person irgendwann vielleicht zu verlieren, nicht zu genügen, es nicht verdient zu haben, mich nicht mehr zurückziehen zu können, …).
Klar, was er meint, oder? Er sagt, und das ist ja schon fast Bestandteil jeder Lehre, dass man genau da hinsehen muss, wo man nicht hinsehen möchte, um Ängste aufzulösen und sich bewusst Erlaubnisse zu erteilen. Nur dann könne man den individuellen Reichtum und die Fülle erlangen, die man sich so sehnlichst wünscht.
Eckhart Tolle und die Weisheit von Katzen und Hunden
Eckhart Tolle, der Begründer des „Jetzt“, meinte letztens in einem Vortrag in Hamburg: „Katzen und Hunde lieben oder hassen sich nicht. Das machen nur Menschen. Katzen und Hunde sind einfach Katzen und Hunde.“ Sie dichten sich weder ein Ich an, noch bewerten oder be-urteilen sie. Das machen tatsächlich nur Menschen. Und immer meinen wir, alles besser zu wissen und eher beurteilen zu können, dabei haben Forscher in jüngster Zeit herausgefunden, wie viel Tiere wirklich können und dass sie Menschen keineswegs unterlegen wären, nur weil wir Menschen das „glauben“. Wenn nichts so ist, wie wir Menschen uns das er-denken und glauben, weil es sich nur dann gut oder besser oder sicher anfühlt, was ist dann wirklich?
Doch zurück zu Werner Ablass: Er verwies immer wieder darauf, dass wir gar nicht wissen könnten, was wirklich sei und was nicht. Was ist nur eine Interpretation unseres Gehirns und was ist tatsächlich real? Trotz dem „Es ist alles okay, ja, alles perfekt, so, wie es gerade ist! Nichts könnte gerade anders sein, als es ist.“ sah ich das Interview zu Ende und war beeindruckt, wenn auch nicht unbedingt gläubig, von der „Handhabe“, die Werner Ablass so lebendig vorgetragen hatte. Ich konnte mich gut mit dem Gedanken vereinbaren, dass Ziele, Streben sowie Gegenwehr und Angst (auch in Verbindung mit Schuld und Scham) zum eigentlichen Leid führen würde, wenn wir denken, dass x nur ist, weil y so war und z noch nicht ist. Alles unsere Interpretationen. Ich hatte aber Schwierigkeiten damit, es mit jeder Lebenssituation zu vereinbaren und besonders mit Krankheit. Die Idee, dass es gar kein ICH gäbe, fand ich spannend, aber sie hing noch im sandigen Getriebe fest.
Trotzdem: Ich war innerlich still und wollte seine Gedanken sacken lassen.
Am nächsten Morgen (und auch der darauf) stand ich auf und war noch immer ruhig. Erschreckend ruhig. Normalerweise geht mir ein Gedanke nach dem nächsten durch den Kopf, bevor ich nur meinen ersten Kaffee eingegossen und ausgetrunken habe. Aber an dem Morgen war nichts … da. Und es entwickelte sich auch tagsüber nichts. Ich war nur unendlich müde, als hätte mich das viele Nicht-Denken und diese ganze Kopfleere ausgelaugt. Einige Tage später erkannte ich dann, dass es nicht das war, was mich erschöpft hatte. Ich realisierte, dass mein Körper und Geist erschöpft war vom vielen Denken und Verkopfen, wie viel Ruhe und Stille ich brauchte, wie viel Entspannung und „Lassen“.
Wieso ich mich ab heute nicht mehr in (m)ein Leben einmische
Es hat sich nicht gut angefühlt. Es war sogar ein sehr beängstigendes Gefühl, nichts zu denken und nichts zu „haben“, was man denken und geistig be“handeln“ konnte. Werner Ablass sagte in dem Interview: „Ich mische mich nicht mehr in mein Leben ein.“ Damit meint er: Er lässt geschehen. Ob er nun akzeptiert, was ist, in dem er sich aus dem Getriebe herauszieht, oder ablehnt und Leid und Angst erfährt, sei gleich. Nur das das Letztere voller Leid wäre. Basierend auf dem Zitat von Ramana Maharshi am Anfang des Blogposts:
Was nicht geschehen soll, wird niemals geschehen, wie sehr man sich auch darum bemüht.
Und was geschehen soll, wird bestimmt geschehen, wie sehr man sich auch anstrengt, es zu verhindern.
Das ist gewiss. Weise zu sein bedeutet daher, still zu bleiben.Ramana Maharshi
Es gäbe also keinen freien Willen. Im ersten Moment, als Werner Ablass das sagte, kamen mir Gedanken wie: annehmen (=hinnehmen), dulden (=ertragen), lassen (=erlauben), aber im Negativen. In mir regte sich sofort Abwehr, Widerstand, Festhaltenwollen … an meinen Grenzen, an meinem Erdachten, an meinem Denker. Und wer mich etwas besser kennt bzw. hier im Blog die einen oder anderen Posts gelesen hat, weiß: Ich bin der Typ, der eher sagt: Unterbinde, was dich verletzt! Zeige deinen Grenzen auf, setze dich zur Wehr, wenn nötig! anstatt zuzusehen oder gar den Mund zu halten. Wenige Minuten später verstand ich, dass es hier nicht um Duldung ging, sondern darum, dass nichts auf dieser Welt etwas mit mir zu tun hat. Auch nicht Menschen, die mich tierisch nerven oder mich verletzen oder sonstwas tun, was gegen meine Gedankenschranken klopft. Es geht alleinig um den anderen, der mit seinen Gedanken sein Handeln erwirkt und fest an seine Gedanken glaubt. Und wie kann man Menschen davon überzeugen, dass ihre Gedanken nicht glaubwürdig sind bzw. sie andere haben sollten, wenn sie nicht bereit dazu sind?
Genau, gar nicht.
Und gleichzeitig ereignete sich das:
Heute begann ich einen Artikel über Narzissten und Energieräuber und die häufigsten Merkmale, wie man sie erkennt, was man tun kann, wenn man sich zum Beispiel sich zu solchen Personen hingezogen fühlt oder sie nicht los wird (sie sind ja meist entweder sehr aufdringlich oder aber Magneten.) … Zwischendrin machte ich eine Pause und ging ich eine Zigarette rauchen. Als ich wieder vom Balkon in die Wohnung ging, kam mir plötzlich der Gedanke an die Worte von Katie Byron.
Das Beste im Menschen, die „Liebe“ in allen Situationen und das Interview mit Katie Byron
Ich bin kein Fan von „Liebe“. Dieses ganze Gerede um die Suche nach Liebe in allen Dingen, in den Menschen, in den Leben, all diese Liebe, all dieses Licht … Ich empfand das immer als Ignoranz gegenüber der Schattenseite und war bislang ein Verfechter von Rüdiger Dahlkes Schattenprinzip. Wo kein Schatten, da kein Licht. Und umgekehrt. Was aber Katie mit der „Liebe in allem“ meint, ist: Sie gehe nirgends hin, mache nichts, wo sie nicht einen Funken Liebe von sich ausgehend enthalten spürt. Das wiederum fand ich klasse.
Ich dachte, als ich vom Balkon herunter ging: „Eigentlich sind die Worte >>Narzisst<< und >>Energieräuber<< schon echte Schimpfwörter. Aber wie willst du es sonst ausdrücken? Menschen, von denen man sich fernhalten sollte? Die haben doch mit Sicherheit auch ihre Gründe, so zu sein, statt anders. Jemandem pauschal zu raten, sich von jemandem fernzuhalten, entspricht nicht dem Sinn. Sie wollen nur dazugehören, wollen nur >>etwas<< haben, wollen sich vielleicht unbewusst rächen für Sachen, die ihnen früher zugestoßen sind, haben vielleicht eine unendliche Wut in ihrem Bauch und unentwegt Langeweile im Kopf, Leere im Herzen, Wichtigseinwollen, wollen jemanden finden, der ihnen das Gefühl gibt, dass sie liebenswert und -würdig seien. Falls sie es überhaupt je glauben würden… Aber sie tun sicherlich ihr Bestes. Denn wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mensch morgens aufwacht und beschließt, ab heute ein komplettes Arschloch zu sein, aus Lust und Laune und Langeweile? Gering, auch mit ihrem Verhalten meinen sie etwas zu „bekommen“, was ihnen fehlt. In ihnen ist Mangel.“ Falls sie das und die Leere überhaupt bemerken …
„Wir alle tun nur unser Bestes!“ sagte Byron Katie im Interview. Für gewöhnlich kennt man die amerikanische Ikone durch The Work mit den vier Fragen , „die dein Leben verändern“. Klingt alles nach Kasse und Geld und vielem mehr… Aber in dem Interview hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, dass ich verstand, was hinter The Work steht, was sie als Gedanken verankern will: Ich denke, dass ich … = konstruiert, „falsch“, irreal. Aber es kam dem nahe, was Werner Ablass sagte: Man denkt sich sein (bzw. ein) Ich.
Nicht denken, fühlen. Nicht ärgern, annehmen. Keine Situation ohne einen Funken Liebe angehen und betrachten. Lieber „frei sein“, als Recht haben. Jede Situation ist FÜR dich da (Dem stimme ich zu. Auch ich bin der Überzeugung, dass Angst FÜR dich da ist, um zu lernen und zu ändern, was zu ändern und zu lernen ist.), jeder auf dieser Welt ist talentiert und hat etwas Wertvolles zu geben. Glaube keinen deiner Gedanken. Und falls du es doch tust, finde heraus, was mit dir geschieht, wenn du deine Gedanken glaubst und erkenne, dass du freiwillig an Leid hängen bleibst, aus Angst, niemand zu sein. Das sind einige ihrer Grundgedanken.
Und auch die ließ ich sacken, ohne annähernd alles davon zu glauben oder sofort umzusetzen, nur weil SIE das so sagt.
Ich hing nämlich einem eigenen Gedanken hinterher: Das sind jetzt also tatsächlich Menschen, die mir sagen, dass mein Ich nur ein Gedanke sei. Was ist aber, wenn selbst nur das ein Gedanke ist? Relativiert sich die Theorie nicht von selbst? So in etwa wie Aspirin bei Kopfschmerzen?
Wenn alles nur ein Gedanke ist, dann ist jeder Gedanke wie eine Welle. Sie rollt an, ganz langsam, baut sich auf andere Wellen auf, wird höher, schlägt auf der Wasseroberfläche auf und ebbt langsam wieder ab. Und was bleibt ist … nichts. Jeder Tropfen Wasser der Welle verbindet sich wieder mit den anderen Wassertropfen. Damit ist nichts mehr so bedeutungsvoll, wie ich es dachte. Jedes Ziel war wie eine neue Welle, jeder Tag wie das Meer, mal ruhig und mit gutem Wetter, mal stürmisch und rau. Alles kommt und geht wieder. Nichts, kein Gefühl, bleibt für immer. Würde ich also morgen noch vertreten können, was ich heute über Narzissten und Energieräuber schriebe?
Ich speicherte meinen Artikel über Narzissten als Entwurf ab und machte die Seite zu. Dann machte ich eine neue Seite auf und schrieb diese Zeilen.
Ich weiß nicht, was und ich weiß nicht, wie …
… aber ich habe seit Tagen dieses Gefühl, dass ich in eine andere Richtung mit dem Blog möchte. Und muss. Muss, um zu tun, was mir mein Bauch vorgibt. Mehr kann ich noch nicht sagen. Außer, dass ich jedem einem Moment dieser beschriebenen, unstrebsamen Leere wünsche. Also auf ein Neues, Ich-lose(re)s, hin zur eigentlichen Funktion.
LG
Janett
P. S.: Oder vielleicht schreibe ich morgen einen Artikel darüber, dass der heute auch nur ein Gedanke war … 😉
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