Als Buchautorin erlebe ich seither Kritik. Mitunter ist sie ausgewogen und reflektiert. Andere spiegeln mit ihrer teilweise grenzwertigen Kritik wider, was sie fühlen: eine Verletzung oder die Furcht davor, verletzt zu werden. Bei mir hagelt Kritik vorrangig auf Amazon. Während es sich einige Autoren mittlerweile zur Aufgabe gemacht haben, auf Kritik zu reagieren, ist es mir bis heute kein Verlangen. Es löst keine Scham mehr aus. Aber natürlich geht negative Kritik auch an mir nicht spurlos vorbei. Spätestens nach meiner dritten negativen Kritik beschloss ich, dass ich einen Weg finden musste, um sie nicht zu sehr an mich heranzulassen.
Doch wie geht man am besten mit Kritik um, besonders, wenn man keine oder kaum Möglichkeit zur Reaktion hat? Egal, ob in der Partnerschaft, in Freundschaften oder in deinem Job: Ist es immer besser, erst einmal tief durchzuatmen, bevor man zurückfeuert? Wie kann man darauf reagieren? Was macht man, wenn einen die Kritik stärker trifft, als erwartet?
Vielleicht helfen dir meine Erfahrungen und Wege, wie du mit verletzender Kritik umgehen kannst.
Wie geht man mit Kritik um, wenn sie einen verletzt?
Grundsätzlich – so ist meine Ansicht – ist jede Kritik ein Feedback, eine individuelle Meinung. Sie kann einem im Idealfall wertvolle Hinweise liefern, was man verbessern kann oder zeigen, wie sich der andere fühlt. Kritik tut aber besonders weh, je mehr man sich nach Bestätigung sehnt. Dann erscheint sie im Gewand der Ablehnung und fühlt sich an wie Versagen. Man konnte es jemandem nicht recht machen und das kann schmerzen. Hier ist eine andere Sichtweise: Jemand, der zum Beispiel von vornherein darauf aus ist, zu polarisieren oder die Menschen mit der Nase in den (eigenen) Dreck zu stupsen, würde dieselbe Kritik als willkommenes Geschenk sehen. Jemand, der weiß, dass Fehler menschlich sind, akzeptiert seine Fehler und würde die Kritik eventuell belächeln.
Es geht bei Kritik vorwiegend darum, wie wir sie interpretieren. Und ob wir sie glauben. Nur weil jemand meint, wir hätten etwas falsch gemacht oder wären in unserer Art nicht richtig, lässt es doch noch lange keinen Rückschluss darauf zu, dass wir falsch oder nicht richtig wären. Es gibt einem vielmehr das Gefühl, als wären wir nicht gut oder nicht genug – ein Glaubensmuster, das bei vielen vorherrscht. Auch bei den Menschen, denen ihre Meinung wichtig genug ist, um andere wegen einer abweichenden abzuwerten. Sind uns jedoch die Meinungen anderer wichtiger als unsere eigenen, ist es an der Zeit, unsere Einstellung zu ändern. Wie wir mit Kritik umgehen, zeigt vor allem, ob wir zu dem, was wir sind, stehen. Bedingungslos.
Ich möchte dir daher einige Impulse und Ideen geben, wie du mit Kritik gesund umgehen kannst – gespeist aus meinen Erfahrungen mit Kritik.
Wie ich heute mit Kritik umgehe
1. Menschen kritisieren eher, als dass sie loben.
Die guten Meinungen sind meist einfach nur still dankbar und suchen deine Nähe, während die negativen dich absichtlich kneifen. Für Menschen ist es heute auch leichter, sich zu empören und laut zu schreien, was ihnen nicht gefallen hat, was sie doch eigentlich wollten und zu verdienen glauben. Bei einigen ist es eine gezielte Entwertung deiner Person oder Arbeit, damit sie sich über sich keine Gedanken machen müssen … damit sie in Ordnung sind und du der Fehler. In vielen Fällen haben sie auch nur Angst. Wie die Welt zu sein hat, dass andere ihre Forderungen und Erwartungen zu erfüllen haben, bezeichnet den Kern eines jeden Menschen, der mit sich unzufrieden ist. Ausgenommen sind Kritikpunkte, die du als Hinweis für eine Verbesserung nehmen kannst. Doch auch diese Aussagen sollte man zuerst auf den Wahrheitsgehalt prüfen.
2. Jeder darf glauben, was er glauben möchte.
Dafür sind die Menschen auch zu unterschiedlich, um alle dieselbe Meinung zu haben. Mir persönlich würde eine Welt mit nur einer Meinung auch nicht gefallen. Das heißt nur nicht, dass eine andere Meinung wahrer oder es gar richtig wäre, was X denkt. Nur weil jemand seine Meinung als die ultimative Wahrheit propagandiert, musst du deine noch lange nicht ändern, getreu dem Motto: „Interessant, wie du das siehst. Ich habe eine andere Meinung.“
3. Menschen brauchen ihre Meinungen.
Man kann froh sein, wenn man heute annähernd weiß, wer man ist und was zu sich als Person gehört: Ideale, Träume, Werte, Meinungen. Menschen brauchen sie, um Halt zu spüren und Zugehörigkeit herstellen zu können. Leider gibt es genügend Menschen, die von dir eine Identifikation mit sich und ihren Ansichten erwarten, damit sie wiederum ihre Bestätigung der Richtigkeit erfahren. Ich persönlich finde, jeder Mensch darf sich seine Meinung bilden und hat ein Recht darauf, sie zu behalten – ob es X nun gefällt oder nicht.
Eigentlich ist es nicht deine Herausforderung, wenn jemand mit etwas nicht zurechtkommt. Doch je sensibler die Situation oder das Umfeld, desto schwieriger kann es sein, die richtigen Worte bei Meinungsverschiedenheiten zu finden. Ich persönlich verwende in solchen Momenten nur noch solche Sätze:
- „Danke, dass Sie Ihre Meinung mit mir teilen.“
- „Danke, dass du mich wissen lässt, wie DU das siehst.“
- „Ich stimme Ihnen nicht in allen Fällen zu, aber ich werde darüber nachdenken.“
- „Ich verstehe, wie du dich fühlst, aber ich bin anderer Meinung.“
4. Einige versuchen dich mit ihrer Kritik absichtlich zu verletzen.
Je mehr jemanden trifft, was du sagst/nicht sagst oder tust/nicht tust, desto häufiger könnte Kritik fallen. Jemanden abzuwerten, ist eine natürliche Strategie der Angstabwehr. Jemand soll vom vermeintlich OBEN heruntergeholt werden. Ein schönes Beispiel im Internet sind Menschen, die Rechtschreibfehler suchen (auch, wenn keine vorhanden sind). Das Ziel ist, wie ich eben schon schrieb, sich aufzuwerten und den anderen abzuwerten. Es gibt ihnen Sicherheit, die sie brauchen, um weiterhin zu denken und zu fühlen, was sie denken und fühlen. Die meisten von ihnen haben einen größeren Drang nach Bestätigung als so manch anderer. Könnten sie mit anderen Meinungen umgehen, wären sie in der Lage, gewaltfrei zu kommunizieren. Eine gewaltfreie Kommunikation verletzt nie jemanden, sondern zeigt, welche Gefühle in einem entstehen, wenn X geschieht. Dann äußert man einen Wunsch und fragt, ob dieser umsetzbar ist. Darin spiegeln sich Respekt und Wertschätzung für den Gegenüber, statt Abwertung, Versagen und Wertlosigkeit.
5. Ändere dein Umfeld oder ändere deine Einstellung.
Ich habe oft überlegt, ob ich von Amazon weggehe. Aber es hat Vorteile, die ich nicht missen möchte. Je nachdem, ob du mehr von den Vorteilen profitierst, als dass dich die Nachteile/Kritik verletzen, entscheide. Halte dich am positiven fest oder schaffe dir eine andere Einstellung, zum Beispiel Verständnis für die Sichtweise des Anderen. Stelle demjenigen so viele Fragen, bis du verstanden hast, worauf sich die Kritik gründet oder was derjenige sich in Zukunft von dir wünscht. Diese Strategie ist vor allem geeignet, um herauszufinden, ob die Kritik sachlich und angemessen ist. Zeitgleich wirst du für dich merken können, ob du die Erwartungen umsetzen kannst/möchtest. Mitunter hat man Menschen vor sich, die nur wollen, dass man sagt, was sie hören möchten.
6. Atme durch und suche nach dem Nützlichen in der Kritik.
Niemand kann alles und keiner wird als Meister geboren. Was kannst du aus der Kritik – wenn du einen Schritt von deinem Ego zurücktrittst – mitnehmen? Sieh es als eine Möglichkeit, dich in dem, was dir am Herzen liegt, zu perfektionieren, wenn der Bereich Perfektion benötigt oder schätzt. In zwischenmenschlichen Bereichen gibt es keine Perfektion. Da ist Perfektion für die Götter. Jeder Mensch hat und macht Fehler.
7. Distanziere dich von den Meinungen anderer und der Bestätigung, die du suchst
Ich bin ein Mensch, der Menschen grundsätzlich nicht nach dem Mund spricht, sondern auf die Denkweisen anderer hinweist. In der Hoffnung, dass sie sich von dem, was sie lieber denken wollen, entfernen können, um mit einer gewissen Neutralität dem Leben begegnen zu können, wohlgemerkt. D. h., dass ich auch Sachen sage, die Menschen nicht gern hören. Sie sollen eben wachrütteln und zeigen, dass das Leben nicht immer nur auf die eine Weise geschieht. Und sie sollen zeigen, dass niemand nur GUT oder nur SCHLECHT ist, sondern dass es eine andere Seite gibt. Wir haben alle unsere Schattenseiten.
Wir können wild in alle Richtungen motzen und uns aufregen, dass die anderen nicht unserer Meinung sind. Wir können Feuer spucken und sauer sein, unseren Frust an Menschen auslassen, nur um die Verletzung in uns wettzumachen. Oder wir sehen, dass wir verletzlich sind und dass auch wir Ecken an uns haben, an denen sich andere stoßen. Ich wollte nie ein Mensch sein, der andere verletzt, war aber stets einer, der mit Einseitigkeiten so gar nicht zurechtkam. Ich war von meinem Naturell her gezwungen, mich mit anderen „anzulegen“. Was für ein Mensch bist du? Und was bringt dein Charakter mit sich? Nicht das, was du glaubst, zu sein, sondern das, was du wirklich bist, was du nicht vor allen aussprichst oder verheimlichst?
8. Es gibt Meinungen und es gibt Tatsachen
Im Journalismus unterscheidet man zwischen Tatsachenberichten und meinungsbasierten Texten. Etliche Menschen glauben, ihre Meinungen wären Tatsachen. Aber genauer hingeschaut, sind es nur persönliche Ansichten. Prüfe, was dir vorgeworfen wird. Und wenn du dich traust: Weise denjenigen darauf hin, dass seine Meinung nur SEINE MEINUNG ist, aber kein Fakt.
9. Wenn du dich selbst so akzeptierst, wie du bist, brauchst du niemanden mehr für Bestätigung von außen
Menschen, die keine gesunde und konstruktive Kritik üben, brauchen Menschen, die sie bestätigen. Jede ausbleibende Bestätigung fühlt sich genauso an, wie sich Kritik für dich anfühlt: verletzend. So unähnlich ist man sich also nicht. Doch, was dich von anderen unterscheiden kann, ist die Wahrnehmung vom „Anderssein“ und von Fehlern: Lass lieber zu, dass andere deine Fehler sehen, statt so zu tun, als hättest du keine. Steh zu deinen Fehlern und ebenso zu deinen Meinungen. Akzeptiere dich und das, wofür du stehst. Ja, mir sind Fehler unterlaufen. Ja, ich stimme dir nicht zu. So what?
In einer Welt, in der die meisten versuchen, keine Fehler zu machen, um ja nicht wie ein Fehler behandelt zu werden, wird es immer Kämpfe um Meinungen geben. Wie du dazu stehst, entscheidest du. Welche Fragen du dir stellst, ebenso. „Bin ich okay?“ ist eine Frage, die du im Grundsatz mit JA beantworten solltest, auch wenn es Bereiche geben wird, die du optimieren könntest. Aber andere Menschen diese Frage beantworten zu lassen, nur weil euch Meinungen trennen, finde ich misslich. Wieso sollte jemand den Wert eines anderes bestimmen dürfen? Darf er nicht. Punkt.
Umso wichtiger erscheint es mir, weil ich eben auch die Momente kenne, in denen Durchatmen eher schwerfällt, darüber zu stehen. Man sollte in meinen Augen nicht aufhören, etwas zu tun, oder anfangen, etwas zu sein, nur weil das das Leben von X angenehmer macht. Wichtig ist, zu erkennen, ob die Kritik konstruktiv ist. Ist sie es nicht, kann man sich zwar darüber ärgern oder sich, wie ich, fragen, wieso Menschen manchmal so scheiße sind. Aber damit macht man sich klein, behandelt sich randständig und nicht zugehörig zur Welt. Eine Welt, in der Menschen wie du genauso zählen und wichtig sind, wie die anderen.
Nimm die Kritik hin, wie sie ist. Und entscheide, ob du ihr folgst oder dir.
Liebe Grüße,
Janett
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