Soziale Angst

Soziale Phobie (soziale Angst): Begriffserklärung und Beschreibung

Unter sozialer Angst (auch soziale Phobie, Sozialphobie, Sozialangst genannt) versteht man gemeinhin eine anhaltende Angst- und Vermeidungsreaktion, die durch eine

„tatsächliche oder befürchtete Konfrontation mit bestimmten Arten von sozialen oder Leistungssituationen ausgelöst werden“ (Bundesstatistikamt), bis hin zur Panikattacke.

Solche Situationen sind beispielsweise

  • fremde Menschen anzurufen,
  • in Gegenwart anderer/fremder Menschen zu sprechen,
  • vor anderen zu sprechen,
  • vor anderen zu essen,
  • vor anderen zu schreiben/singen/schauspielern,
  • an Veranstaltungen oder sonstigen kulturellen Anlässen teilzunehmen,
  • allein an öffentlichen Treffen/Veranstaltungen teilnehmen und netzwerken (müssen),
  • Prüfungen, besonders mündliche, abzulegen,
  • und andere soziale Situationen-Interaktionen.

Die Verhaltsweisen eines Menschen, der unter sozialer Phobie leidet, müssen Lonelinessjedoch klar von Schüchernheit oder ein wenig „Aufgeregtsein“ abgegrenzt werden. Denn die Betroffenen leiden meist stark und sind dementsprechend sowohl beruflich beeinträchtigt, als auch sozial. Schon Gespräche mit dem Vorgesetzten, Kollegen, aber auch mit Familienmitgliedern können Angst in ihnen auslösen. Sie interpretieren ihre soziales Ansehen als niedrig, da ihr Selbstwert enorm gering ist. Andere werden, solange Akzeptanz und Vertrauen noch nicht vollends aufgebaut wurden und sich ein vertrauensvoller Umgang aufgebaut hat, als wichtiger und ernst zunehmender eingestuft.

Soziale Angst kann außerdem sowohl isoliert, als auch generell auftreten. Laut Bundesstatistikamt tritt soziale Phobie selten nach dem 25. Lebensjahr auf, meist aber im frühen bis spätem Jugendalter und hält, insofern sie nicht im Laufe des Lebens behandelt wird, meist lebenslang an.

Betroffenen fällt es meist leichter, per E-Mail Kontakt zu jemandem aufzunehmen oder direkt vor Ort in Person nachzufragen, insofern die Situation ein direktes Feedback des Gegenübers erlaubt, was den Betroffenen das negative Gedankenkreisen erspart. Wenn sie im Dunkeln darüber bleiben, wie der andere sie „bewertet“, ist es für sie teilweise massiv beängstigend, denn sie fürchten sich vor der Ablehnung anderer Menschen, aufgrund des Glaubensmusters, sie würden deren Ansprüche nicht erfüllen können. Dass man ihnen ihre Angst ansehen könnte, zum Beispiel durch Versprecher, zu schnellem Sprechen, Erröten, Schwitzen, Zittern etc. erschwert die Situation für sie und verstärkt ihre Angst. In äußersten Fällen kann die soziale Angst in die absolute Isolation führen.

Symptome sozialer Phobie

  1. Erröten
  2. Vermeiden von Blickkontakt
  3. sich versprechen
  4. motorische Symptome wie Zittern
  5. Schwitzen
  6. Atemnot
  7. Herzrasen
  8. Schwindel
  9. Beklemmungen
  10. Verdauungstörungen, Übelkeit bis hin zu Durchfall
  11. Harndrang
  12. Kopfschmerzen und Migräne
  13. Muskelbeschwerden durch Verspannungen und Verkrampfungen
  14. Panikattacken

 

Ursachen sozialer Angst

Als eine der Hauptursachen wird das gelernte Vermeiden von angstauslösenden Situationen gesehen. Durch die Gewöhnung daran, dass ein Vermeiden von Situation xyz automatisch die Angst lindert, wird die Angst girls-1031538_1280aufrechterhalten. Würde eine Korrektur das Erlernte abwägen, was hier verhindert wird, würde sich der Betroffene leichter von seiner Angst lösen können.

Die Literatur benennt ebenfalls Beobachtungslernen, also das Beobachten von angstauslösenden Situationen und entsprechender Entwicklung derselben Angst in diesen Situationen, als einen möglichen Grund für die Entstehung von sozialer Phobie.

Ein weiterer, immer wieder auftauchender, Ursachenbegriff ist der der Verlustangst bzw. Trennungsangst, in Verbindung mit Beziehungsaspekten. Die Autoren Ulrich Stangier, David M. Clark und Anke Ehlers sprechen in Soziale Phobie (Hogrefe Verlag, 2006, Seite 16) von einer hohen Selbstaufmerksamkeit in Verbindung mit einem starken Sicherheitsdenken, ausgelöst durch das, was die Betroffenen den sozialen Situationen als Annahme zuschreiben. Wenn ein Betroffener glaubt, dass er (sowieso) in jedem Bewerbungsgespräch versagt, weil er seine Stärken (die wenigen, die er sieht) nicht herausstellen kann, die Interviewer ihn sowieso negativ sehen werden, ablehnen könnten, ihm das Angst bereitet, dann vermeidet er Bewerbungen oder kann sie nur unter großer Angst „durchstehen“. Die Betroffenen klammern sich an ihre Sicherheit und tun alles, um diese aufrechtzuerhalten, ähnlich wie bei allen anderen Angststörungen auch.

Besonders Scham wird oft im Zusammenhang mit sozialer Phobie betrachtet (sog. Schamangst). Im Mittelpunkt zu stehen bietet Angriffsfläche für Verachtung, Demütigung, Ablehnung, Zurückweisung oder Blöße und ist die lauernde Gefahr, die Bedrohung schlechthin. Aber auch die Angst, im Mittelpunkt zu stehen, höchst positiv betrachtet zu werden, sei ein Teil der Schamangst, die durch die soziale Phobie abgewehrt werden solle. Hopf und Windaus (2007) benennen ebenfalls traumatische Erlebnisse im Sinne von tatsächlichen Beschämungen und ausgelöster Hilflosigkeit als mögliche Ursachen.

Weiterführende Informationen und Quelle: Lehrbuch der Psychotherapie. Psychoanalytische und tiefenpsychologisch fundierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie. CIP-Medien, München 2007.