Stress, Angst und Panik als Schutzmechanismus des Egos

Jeder Mensch wird als Original geboren und fast jeder stirbt als Kopie.
– Aldinger

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Angst ist wenig verkehrt. Angst ist völlig in Ordnung. Jede Angst im Übrigen. Anfänglicher Stress im Kleinsten, Hektik, innere Unruhe und die folgende Angst, in all ihren Auswirkungen zeigen eine großartige Leistung eines gesunden Gehirns.

„Du spinnst wohl!“ wirst Du jetzt sicher denken. Aber: Doch. So ist es.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Stress und Angst entsteht, uns lähmt und zu kopfwackelnden Dackeln auf den Armaturenbrettern anderer Menschen macht, ist dramatisch erhöht, wenn wir Erwartungen vor uns sehen. Dabei ist es völlig gleichgültig, ob es eigene Erwartungen sind oder fremde Ansprüche. Meist verwechseln wir auch unsere Ansprüche mit fremden und fremde mit unseren. Oder wir kommen sogar (nicht) auf die Idee, das Erfüllen von fremden Erwartungen als Mittel zu nutzen, um eigene Zwecke zu verfolgen, die wir ansonsten nur schwer durchsetzen können.

Wir sind alle ein wenig zu sehr verzettelt in die Gefühls- und Leistungswelten von Fremden, vielleicht sogar Menschen, die wir nicht einmal sehr leiden können. Dann sind wir noch verstrickt in die Erfahrungswelten unserer Eltern und Partner und in die Schutzwelten unserer Familie und unseres Freundeskreises. Wir haben unsere Überlebenswelten, in denen wir uns der Wirtschaft, des Arbeitsgebers und respektive deren Wertewelten anpassen, aus Angst, dass etwas zu viel Nonkonformismus oder Authentizität gleich zur Kündigung und wiederum Armut führe. Wir denken zu sehr an die Konsequenzen, wir respektieren zu sehr den Willen und die Un-Fähigkeiten Außenstehender. Leider auch fremde Ängste: „Mach das bloß nicht!“ „Pass ja auf dich auf!“ „Sei lieber vorsichtig!“ „Oh Gott. Echt?“

Angst und Panik als Schutz: Unser Ego, die Ich-Anteile und der innere Richter

Egal, wessen Welt und mit welchen (legitimen) Stimmen wir am langen Tage im Kopf herumrennen: Sie sind selten unsere und noch seltener verfolgen diese fremden Stimmen unsere eigenen Ziele. Stattdessen ist es leicht, sich mit anderen zu verwechseln und aus Bequemlichkeit, Unmut und Angst eine Runde zu viel auf der Kartbahn anderer zu drehen. Die Psychologie spricht von mangelnder Gefühlsentwicklung und einige sogar von Kollektivneurose. Dagegen hilft nur: Kenne dich selbst. Erkenne dich selbst. Kenne deine Verletzungen. Kenne deine Ziele. Bringe alles in Einklang.

Doch wenn wir wegen Selbstzweifeln grübeln oder pragmatisch hin- und herüberlegen, um eine vernünftige Entscheidung zu treffen: Im Zentrum stehen immer diese drei Jungs und Mädels, die es uns schwerer machen können, als es ist:

  1. Unsere verletzten Ich-Anteile
  2. Unser Ego
  3. Unser Innerer Richter (Super-Ego)

Verletzte Ich-Anteile sind Aspekte unserer Persönlichkeit, die irgendwann erheblich und merk-bar verwundet wurden. Das können frühkindliche Trennungen von Eltern, spätere Verluste eines Familienmitglieds, Scheidungen, Kündigungen, Mobbing, Auslachen vor der Schulklasse, Scheitern und Versagen sein. Je nach Beschaffenheit unseres Charakters können wir mehr oder weniger ab und je weniger wir abkönnen, was teils laut Wissenschaft sogar genetisch veranlagt ist, desto eher reagieren wir auf eventuelle Gefahren. Nicht nur merkt sich unser Gehirn, dass wir beispielsweise mit weiblichen Vorgesetzten schlechter zurechtkommen als mit männlichen oder auf der Autobahn unsicherer fahren als auf Landstraßen. Unser Gehirn verankert auch frühere Verletzungen, an die wir uns nicht mehr erinnern können, mit ähnlich potenziell gefährlichen Situationen im Heute und Morgen, wie zum Beispiel, dass wir Bedürfnisse von Menschen, die cholerisch sind, eher befriedigen sollten, als uns dagegen zu stemmen, um eine damalige Verletzung (und die Konsequenzen) nicht zu wiederholen, sondern zu vermeiden.

Das ruft unser Ego auf den Plan: Unser Ego ist ein sehr guter Freund. Und ein kackendreister Lügner. Es versucht, zu verhindern, dass wir erneut verletzt werden. Und geht sogar noch einen Schritt weiter: Anstatt uns erst, wenn die Gefahr Tatsache geworden ist, realistisch und präsent, zu schützen, drängt es sich bereits vor und sorgt dafür, dass wir uns erst gar nicht in die Nähe eines möglichen Schadens (,den wir bereits so oder ähnlich kennen,) bringen. „Ne, sowas mache ich nicht (mehr)!“ Unser Ego wehrt also aus Schutz ab. Und nutzt alle noch so unlauteren Mittelchen, um sein Ziel zu erreichen.

Unser Ego ist aber auch leider die Instanz, die bereits eine (abwehrende) Maske aufsetzt. Wir müssten eigentlich viel mehr in uns und unseren Herzenswünschen ruhen, auf uns vertrauen und unsere Kraft, zu handeln, spüren. Stattdessen sind wir damit beschäftigt, unsere Verletzungen zu „covern“ und entsprechend zu reagieren: mit Eifersucht, Wut, Ärger, Neid. Oder auch mit Angst. Statt Vertrauen und Neudenken, bringt unser Ego etwas Altes und Schützendes hervor, was uns wiederum davon abhält, die Verletzungen zu bearbeiten und zu heilen.

Ist unser innerer Richter dann noch stärker als unser Ego, kann es dazu kommen, dass wir trotzdem Dinge tun, die wir nicht tun möchten oder welche unterlassen, die wir gern tun würden. Der innere Richter ist nämlich die Distanz, die uns – gesellschaftstauglich – sagt, was erlaubt ist, was als allgemein gut gilt und ehrwürdig betrachtet wird – und was nicht. Der innere Richter ist bei jedem anders gepolt und speist sich aus dem, was wir in der Kindheit, Jugend, Schule, erste berufliche und partnerschaftliche Erfahrungen gelernt haben, aber auch durch spätere, einschneidende Erfahrungen verinnerlicht haben, lieber nicht tun oder deshalb lassen. Er beruft sich auf das bestpolierteste Selbstbild, was wir mimen könnten, um als „anständig“ zu gelten. Also eine ungeheure Wucht an Erwartungen, die er uns zwingt, zu erfüllen. Und das alles ruht in uns. Das ist unsere sogenannte zweite Natur.

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Zurück zu den Erwartungen und der Entstehung von Stress, Angst und Panik: Sind wir erst einmal so richtig in Fahrt auf der fremden Autobahn, hin zu fremden Zielen, in fremden Leihwagen, zu vorgegebener Zeit und Dauer, kann es ja nur passieren, dass wir in der nächsten Kurve etwas zu viel Gas geben, weil wir das Lästige endlich hinter uns bringen wollen und in der ganzen Eile von der Bahn abkommen… Dabei wollten wir doch nur wieder zurück zu unseren eigenen Gefühlen, eigenen Bedürfnissen, eigene Zielen. Da wollten wir ja auch die ganze Zeit sein. Nur eben ohne Bruchlandung.

Außer, wir vermeiden unser eigenes Leben, weil wir wenig Inhalt haben. Vielleicht finden wir den Inhalt durch eine andere Person, einen Job oder fremde Leidenschaften spannender, als den eigenen oder den, den wir für uns schaffen könnten. Aber auch dahinter verbirgt sich die eine menschliche Schwäche unserer Natur: die Angst vorm Allein-, Ausgeschlossen- und Ungeliebtsein.

Tatsache bleibt leider, dass Fremdes nichts Eigenes ist und Fremdes immer Fremdansprüche mit sich bringt. Ansprüche, die wir gebeten werden, zu erfüllen. Ohne Murks, ohne Diskussionen. Je länger man das realisiert, desto mehr entfremdet man sich von sich selber. Von seinen Gefühls- und Schutzwelten. Ab einem bestimmten Zeitpunkt, der individuell ist und stark mit der eigenen Stressbewältigung zu tun, bricht der Staudamm zusammen. Da unser Gehirn nun einmal so tickt, dass es uns schützt und uns im Zweifelsfall auch mal eine pfeffert, um uns wieder aufzuwecken, wird das nur eine individuell lange Zeit gut gehen, bis unser Ego daherkommt und uns ins Gesicht brüllt: Schluss jetzt! Komm wieder zu Dir!

Zurück zu Deiner ersten Natur

Vor Gericht: Unser Ego gegen unseren inneren Richter

Ganz besonders im Fokus des Egos steht unsere Angst: Nach meiner Überzeugung haben sich unsere verletzten Ich-Anteile und unser Ego bereits eine Unmenge an Mühe gegeben, um das Fremdeinwirken auf unseren Organismus abzuwehren. Die allgemeinen Bewertungs- und Bewältigungsmechanismen von Angst wie Projektion, Bagatellisierung oder Verneinung greifen da nicht mehr. Unser Ego hat alles versucht, um uns nicht neu zu gefährden, nicht erneut Stress, Angst und Panik auszulösen. Doch zu oft hören wir heute weg. Wir tun unliebsame Dinge dennoch, glauben mal wieder, mehr zu können, mehr zu ertragen, als wir ertragen können. Als wir ertragen sollten. Wir unterlassen etwas, obwohl wir aus tiefstem Herzen gegenteilig reagieren wollten, wie den süßen Kollegen morgen in der Mittagspause einfach küssen oder der traurigen Verkäuferin durch liebe Worte ein Lächeln ins Gesicht zaubern oder einfach mal gehörig die Wut herauszulassen, wenn uns das nächste Mal jemand lächerlich macht.

Anstatt unsere Eltern anzubrüllen, unseren Kollegen zurechtzuweisen, den Mann anzusprechen, das Auto auf Raten zu kaufen, auf dem Sofa zu faulenzen, morgen erst den Brief abzuschicken oder die Diät zu verschieben, lassen wir es meist sein und verschieben unsere Herzenswünsche auf ein anderes Mal.

Um Angst vor den Konsequenzen zu vermeiden. Was tun wir dann? Grübeln. Grübeln wird allgemein dem Ego zugeschrieben (Wie komme ich da jetzt wieder raus, und das unverletzt?), Panik ist für mich der Zusammenstoß der Forderungen des inneren Richters und meines Egos. Wenn mein Ego keine Lust auf etwas hat, darüber grübelt, wie ich aus einer Verpflichtung wieder herauskomme, mein innerer Richter aber meint: Oh nein! Da musst du jetzt hin! liegt es an meinem Herzen, meinem Bauch oder meinen Anteilen, zu entscheiden, was ich tue. Wenn wir es nur täten…

Der Witz mit nur halb so witziger Pointe

Selbstzerstörerisch wird es in meinen Augen dann, wenn unsere Erwartungen (Erfolg, Ruhe, Respekt, Ausgleich, Freude, Spaß, Nähe, Distanz, Integriertwerden, Geliebtwerden) mit den fremden kollidieren und unser innerer Richter denen auch noch zustimmt. Unser Ego kollidiert also mit unserem Richter, und unsere verletzten Ich-Anteile sind mittendrin: Dann ist die einstige Angst, der Stress oder die Panik als Abwehr der potenziellen Verletzung mithilfe des Egos verdoppelt. Denn unsere Angst, und auch Panik, sollen diese vermeintlichen Verletzungen abwehren, uns zum Rückzug zwingen, zum Stillstand bringen, statt noch eine Runde in höherem Tempo zu drehen.

Hin oder her: Angst bleibt. Wir können so viele Ersatzgefühle (Wut statt Liebe, Traurigkeit statt Ärger-Rauslassen usw.) und Egoaktionen (Bagatellisieren, Verneinen: „Ist ja alles nur halb so wild! Das macht ja jeder so!“) und innere Richter walten lassen, wie wir wollen. Wenn wir weiterhin Fremdes ernster nehmen oder Fremdansprüche eher erfüllen, als unsere eigenen, aus Angst vor..(xyz).., kann zwangsläufig nur Angst vorherrschend bleiben. Im Gehirn, wie auch in deinem Leben. Man erhält sie aufrecht, du hast etwas ruhig gestreichelt und ihr gut zugesprochen, aber bei der nächstbesten Möglichkeit wird sie genauso reagieren, wie bei der letzten. Es wird ein ewiges Kämpfen sein, wenn du in fremden Autos sitzt, um ein fremdes Rennen zu gewinnen, für jemanden, der nicht du bist.

Das nächste Mal, wenn du eher bereit bist, etwas abzunicken, obwohl du es ablehnen möchtest: Erinnere dich daran, was du von Herzen her möchtest. Und steig aus dem fremden Rennen aus, bevor du deine eigenen Ziele (und deine Rennbahn) aus den Augen verlierst. Mach lieber etwas (vermeintlich) Dummes und konfrontiere dich mit deiner eigentlichen Angst, als andere, weitere Ängste zu aktivieren. Und vor deinen echten Gefühlen davonzulaufen.

Nach meiner Theorie bleibt sonst – nebst Stress und Angst – nur noch eines: Panik. Und wer schon einmal Panikattacken hatte, wird’s wissen: Die bringen einem Laufen bei. Und das alles nur, weil man vielleicht vorher den Absprung verpasst hat und wichtige Lektionen und Fähigkeiten, die noch ungeboren in einem wallten, beiseite geschoben hat, um es anderen bequemer zu machen. Aus Angst. Die eigentliche Angst zu erkennen und zu betrachten, in aller Ruhe herauszufinden, woher sie kommt, wann sie sich zuerst und zuletzt zeigte, was sie mit einem gemacht hat und wie man anders mit ihr umgehen könnte, ist eine wesentlich effektivere Strategie, als ihr aus dem Weg zu gehen und eine Ersatzangst zu produzieren.

Oder um es mit den Worten von Rumi zu sagen: „Fragst Du: <<Was ist Liebe?>> sage ich <<Den Eigenwillen aufzugeben>>.“
(Mit dem Eigenwillen ist das Ego gemeint, was nur die eigentliche Angst durch ehemalige Verletzungen verdecken möchte.)

LG
Janett

Janett

P. S.:

Wenn auch Dich die Zukunft ruft, du zurück zu deiner ersten Natur  willst oder du in Dreiecksbeziehungen oder Vaterkonflikten festhängst, schau dich ruhig bei meinen Coachingangeboten um!

Ausschlusserklärung: Alle Inhalte und Techniken sind gewissenhaft recherchiert bzw. erprobt. Dennoch ersetzt jede hier beschriebene Strategie gegen Stress, Angst und Panik keine professionelle Psychotherapie. Für jeglichen Personenschaden wird keine Haftung übernommen.

Erkenne gesunde Bindungsstrukturen

Stell dir vor, du wüsstest binnen von 2-3 Dates, wer für dich gemacht ist und wer nicht. Selbst auf Manipulationen wüsstest du zu reagieren – integer und angstfrei.

>> Ade Zufallsliebe <<

Janett Menzel

Mentorin | Life & Love Design

Schattenarbeiterin, Expertin für Bindungsangst und Kommunikation in Partnerschaften, Emanzipationswunden, transgenerationale Muster, Wer bin ich? Wer will ich sein?, Mutter- und Vaterwunden, Hochbegabung – Hochempathie – Kreativität & Angst. Anfragen und Beratungen >>

 

1 Kommentar

  1. Hallo,
    sehr guter Beitrag.
    Insgesamt ein sehr informativer Blog der weiter hilft.
    Macht weiter so.
    lg.Ralpph

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