Ein bekanntes Sprichwort sagt, dass Träume Schäume seien. Ich halte nichts davon. Für mich sind Träume wie Ziele: wichtig, treibend, essentieller Bestandteil eines jeden Menschen. Ob wir es nun Ziel oder Traum nennen: Einen zu haben und an ihm festzuhalten, weil wir ihn (also uns) verwirklichen wollen, ist so gesund wie Atmen und Bewegung. Wer keine Träume/Ziele mehr im Leben hat, der hat (zu) wenig. Ich weiß, dass es buddhistisch gesehen einer Anhaftung gleichkommt, einen oder mehrere Lebensträume zu haben. Diese/n nicht erfüllen zu können/dürfen, produziere Leid, wie der Buddhismus meint. Ich werde das im Folgenden rigoros ignorieren.
Der Mensch braucht Träume,
- um sich aus unschönen Zeiten in Gedanken wegzudenken (denn Gedanken machen Gefühle –> schöne Gedanken bringen schöne Gefühle hervor),
- um sich zu vergewissern, dass (noch) bessere Zeiten kommen (werden) und das Leben im Rad der Zeit zwischen Hochs und Tiefs wechselt,
- um Handlungsspielraum im Kopf zu haben, statt sich der Gegenwart ausgeliefert zu fühlen,
- um sich in Bewegung zu setzen, den einen Ort zu finden, an dem man sich pudelwohl und völlig im Reinen mit allem, was war und ist, zu fühlen,
- um sich mit den richtigen Menschen zu umgeben (z. B. jenen, deren Werte und Ziele man teilt),
- ..
Träume sind besonders dann dringend, wenn du irgendwo festhängst. Wir alle geraten einmal in Situationen, die wir uns so nicht gewünscht haben oder sind in einem Umfeld gezwungen, aus dem wir gerade nicht ausbrechen können. Wir alle haben uns fremden Zielen (Träumen) ausgeliefert, haben fälschlicherweise geglaubt, es seien unsere und dass uns diese erfüllen würden. Wir haben uns alle schon einmal oder mehrfach getäuscht und sind böse erwacht. Daher empfinde ich eigene Träume (oder Ziele) für so notwendig, dass wir darüber nachdenken müssen, welche Träume wir hatten, als wir noch jung waren, als wir noch nicht in diesem Job festhingen oder in dieser Partnerschaft, die jetzt nur noch Enge (also Angst, lateinisch „angus“ für Enge) bereithält. Träume zu haben und an ihnen festzuhalten, kann dich befreien. Je häufiger – jetzt komme ich wieder mit der Neurowissenschaft – wir etwas Schönes denken, desto mehr bilden wir neue Bahnen in unserem Gehirn. Unser Gehirn speichert diese Gedanken ab, das ist der Sinn hinter Affirmationen und Suggestionen. Die Hirnforschung hat gezeigt, dass „sich etwas vorstellen“ ähnlich effektiv ist wie „etwas auszuagieren“. Denken wir ausreichend schön, so erwecken wir schöne Gefühle. Und das Gefühl hat immer das letzte Wort: Es erzeugt nämlich Absichten und regt so unser Bewusstsein, unsere Handlungsimpulse, an.
Das kann man sich bei unschönen Lebenssituationen zunutze machen.
1.Träume sind also doch keine Schäume.
Träume können dich viel mehr vorantreiben, immer wieder streng ermahnen oder sanft erinnern, dass du noch eine (andere) Aufgabe in deinem Leben hast: dein Glück. Dabei spielt es keine Rolle, ob du wild und groß oder klein und langfristig träumst. Etwas im Geiste zu haben, was dich erfüllt und dich morgens aufstehen und in den Tag starten lässt, ist unbezahlbar: bei Sorgen und Zweifeln, Grübeleien, Stress, Stress-Ängsten, großen Ängsten, Panik und erst recht depressiven Momenten.
Selbst wenn ein Traum unerfüllt bliebe, who cares? Es fühlt sich schön an, ihn zu visualisieren und auszumalen, zu fühlen, wie er dich mit Wärme und Energie füllt, dich lächeln lässt. Wie oben erwähnt, weckt es Pläne und Absichten, die – je häufiger in deinem Kopf – zu festen Bestandteilen deiner Persönlichkeit werden (können). Natürlich muss es irgendwann dazu kommen, dass du deinen ersten Schritt machst. Denn da haben deine Gefühlswelten kein Mitspracherecht. Das wiederum erledigt dein Verstand. Und auch der lässt sich manipulieren.
Der Trick: Du brauchst gute Gründe (Motivation) und eine Hand voll Pläne B-Z. Denn Angst, eine entscheidende Emotion, steht versucht (mit gutem Grund), dir ein Bein zu stellen. „Brülle deinen Chef an und sorge dafür, dass du gekündigt wirst!“ ist ein guter Plan, wäre da nicht die Angst, die durch deinen Verstand dazu ermahnt, dass du arbeitslos bleiben könntest und sich der Kreislauf weiter verschlimmert, bis hin zu sozialer Armut. An dem Punkt brauchst du Handlungsmöglichkeiten, also mindestens einen Plan B. Der könnte sein: Du bewirbst dich bereits vor der Eskalation und das über aller Maßen engagiert, statt nur die Stellenanzeigen anzusehen oder nur eine Bewerbung pro Woche herauszuschicken. Oder: Anstatt deine Ehe/Partnerschaft von heute auf morgen zu verlassen und dann der Angst, keine Wohnung, kein Geld, Sorgerechtsprobleme usw. zu haben: Konsultiere und befrage so viele Menschen wie möglich, die in ähnlichen Situationen waren/sind oder beruflich mit dem Thema zu tun haben. Finde Antworten auf deine Fragen. Besorge dir Informationen zu deinem Traum. Taste das gesamte Traumumfeld sorgfältig ab. Schreibe dir auch alle Ängste auf und entwickele Strategien und Pläne: Wenn ich …. , dann könnte … passieren. Wenn … passiert, dann kann ich … tun/fragen/bitten.
2. Träume sind Räume ohne T.
Du tastest vorsichtig und sorgfältig (meint detailliert) solange dein Traumumfeld ab, bis dein Verstand sagt: „Hm, könnte ernsthaft funktionieren.“ Dein Verstand (und deine Angst) will Handlungsspielräume, Möglichkeiten, die du ergreifen kannst, Menschen, die dir helfen würden, Berater, die dir Informationen geben, Freunde, die dich schützen würden, externe Hilfen, die dir den Rücken stärken, andere Stellen, die dir genau dasselbe geben würden, wie die jetzige Stelle, die du verlassen möchtest. Das ist die schöne Seite der Angst, die wir alle immer wieder vergessen: Sie zeigt dir die brüchigen Stellen in deinem Leben. Sie zwingt dich zu Flexibilität und gleichzeitig zu Ablehnung. Zu welchen Momenten sie auftaucht, zeigt dir die Richtung. Taucht sie immer dann auf, wenn du deinem Partner, mit dem du eigentlich schon lange nicht mehr glücklich bist, noch mehr geben sollst? Taucht sie immer dann auf, wenn du etwas für vermeintliche Freunde tun sollst, die aber wenig bis nichts für dich tun? Oder kommst sie dann, wenn du etwas für dich oder allein tun sollst? Angst zeigt immer die Richtung. Und genau dort, wo sie sich wie ein Riegel, der sich vor (d)eine Handlung schiebt, auftaucht, liegt das, was du tun oder nicht tun sollst.
Hast du deinem Verstand erst einmal Lösungsvorschläge und echte Handlungsmöglichkeiten gegeben, ist deine Angst plötzlich sehr ruhig (oder gar weg), du wirst sehen. Dann hast du „nur noch“ einen Traum und einen gut durchdachten Plan (inklusive Notfallpläne). So wird aus deinem Traum kein Albtraum.
3. „Wenn ich groß bin, dann…“
So viel zur Theorie und so viel zur Neurowissenschaft. Kommen wir zu dir und deinen Träumen. Als du noch „klein“ warst, ein Kind oder Jugendliche/r:
- Wovon hast du geträumt?
- Was wolltest du werden, wenn du groß bist?
- Was wolltest du nie sein?
- Was wolltest du sein?
- Wie wer wolltest du vielleicht sein?
- Wer waren deine Vorbilder und weshalb?
- Welcher von diesen Träumen, die im Prozess des Erwachsenwerdens verschütt gingen, fühlt sich immer noch schön an?
- Wegen wem/wegen was hast du welche deiner Träume begraben, und weshalb?
- An welcher Stelle hast du aufgehört, eigene Träume zu haben, und weshalb?
- Welche Träume hast du noch immer?
Ich weiß: Kinderträume sind oft Wunschschlösser. Man denkt sich solche Sachen wie:
Wenn ich groß bin, habe ich einen Bauernhof und 17 Pferde und 43 Hühner.
oder
Ich werde in einem Schloss wohnen, mit meinen drei Kindern, und täglich meinen Rosengarten pflegen.
oder nehmen wir meinen Kindheitstraum:
Ich werde in einem Haus am Meer leben und Schriftstellerin sein.
Man kann seine damaligen Träume auch in die reale Welt holen und plötzlich feststellen: Der mit dem Bauernhof ließe sich tatsächlich realisieren. Der Schlosstraum könnte ein größeres Haus in schöner Landschaft, im Speckgürtel deiner Großstadt oder auf dem Dorf sein, die Kinder könnten welche sein, die du betreust (falls du selbst keine hast) und der Rosengarten könnte noch viele schöne andere Pflanzen enthalten. Auch mein Traum ist schon fast da, denn Bücherschreiben und Bloggen oder e-Books zu verfassen, ist fast ein und dasselbe. Das Haus kriege ich auch noch hin und falls es nicht direkt ins Meer plumpsen könnte, sondern eine Straße weiter stünde, wäre das dennoch okay für mich. Selbst so luftschlossige Träume wie Drachenfänger- und Prinzessin-werden lassen sich umdeuten.
Werde kreativ: Welche „Drachen“ gibt es in der Welt, die du bekämpfen könntest? Welche Lebensumstände müssten vorhanden sein, damit du dich wie eine Prinzessin fühlst?
Und sollte dein jetziger Traum der sein, dass du deine Angststörung loswerden willst, weshalb du an deine alten, anderen Träume gar nicht denken kannst: Vielleicht ist das Begraben dieser anderen Träume ja mit Auslöser für die jetzige Angst? Vielleicht brauchst du wieder Halt in dir selbst und etwas, an dem DU festhalten kannst, statt andere, die sich zum Beispiel an dir festhalten, weil du wiederum ihre Ziele festhältst?
Wirklich: Sei kreativ und finde den Weg zu deinem Traum zurück.
4. Du kämpfst wie wild für deinen Traum und fürchtest, dass er sich erfüllt?
Ja, das ist ein alter Hut und wohlbekannt. Ein toller Typ aus den Staaten namens Llyod Burnett holt stets einen Trick aus der Tasche, der sich „The Fear Board“ nennt. Die Angsttafel ist wie eine Collage (mit/ohne Bilder, wie du magst), die sich deinen Ängsten, die innerhalb der Träume schlummern, widmet. Du kannst sie als Collage entwerfen oder nur auf einem Blatt Papier erstellen. Du nimmst einen Traum und überlegst dir alle negativen Seiten, also die Kehrseiten des Glücks, zum Beispiel:
Du willst deinen drögen Job loswerden, weil
- du unterbezahlt bist,
- zu wenig Anerkennung erfährst,
- dich nicht weiterentwickeln kannst,
- dich das Thema nicht interessiert,
aber wenn du dann erst einmal einen besseren Job hast, könnte es sein, dass du
- mehr Geld bekommst (und dafür auch mehr tun müsstest, ergo mehr Zeitaufwand und weniger Zeit für dich und deine Familie etc.)
- du für deine Leistungen auch ausreichend Anerkennung erfährst (und diese Anerkennung auch in weiteren Aufgaben gleich hoch bleiben soll (das Unternehmen von dir erwartet, dass du stets sehr gute Leistungen bringst), was einen Leistungsdruck auslöst und gleichzeitig Angst zu versagen),
- du alle Weiterentwicklungen der Welt ermöglicht bekommst (und du diese plötzlich auch wahrnehmen musst, selbst wenn sie dir nicht thematisch oder zeitlich passen oder du plötzlich zu viele Möglichkeiten hast, die dich zu einer Entscheidung zwingen, die du nicht treffen möchtest),
- du ein tolles Thema in deinem Job hast (und dafür so brennst, dass du ausbrennst, da alles seine Grenzen hat). Besonders hier gibt es immer wieder bei sozialen Zwecken Barrieren, an denen du den Umständen ausgeliefert sein wirst, nicht weiterkommst oder von einem Menschen ein Stopp erhältst, der partout nicht verstehen will, wie wichtig xyz ist usw.
Wenn man träumt und besonders, wenn die Träume auch andere Menschen bedürfen, sollte man tatsächlich bodenständig und bedacht bleiben, wie das Sprichwort es auch meint:
Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst. Es könnte wahr werden.
Man muss sich bewusst sein, dass alles sein Gutes und sein Schlechtes hat. So ist die Welt: Polarität.
Nehmen wir nochmals meinen Traum: Eine Schriftstellerin zu sein und in einem Haus am Meer zu leben könnte für mich mit sich bringen, dass ich nur wenige soziale Kontakte habe (die ich somit trotzdem finden müsste), dass ich gute Inhalte zu liefern hätte (um Bücher zu verkaufen, die die Leser/-innen interessieren, also kreativ bleiben müsste), Leistungs- und Zeitdruck standhalten müsste, den ganzen Tag sitzen müsste (für ausreichend Abwechslung und Bewegung in meiner Freizeit sorgen müsste) und bei Lesereisen eine Zeit lang von Zuhause weg wäre (also jemanden für meinen Katzen oder Kinder bräuchte), dann öffentlich mein Geschriebenes vorlesen müsste (obwohl ich Reden und Präsentationen eher weniger gern mag), weshalb es gut wäre, wenn ich das übe würde (mich in Seminare setzen, die sich mit Selbstwirksamkeit und Stimme beschäftigen) usw.
Aber damit müsste ich umgehen lernen. Ich müsste, wenn ich meinen Traum erfüllen will, Wege und Strategien finden, um mit dem Schlechten im Guten zurechtzukommen. Das ist meine Herangehensweise und Denkweise, wenn es um Träume geht.
Finde deinen Weg, um mit dem Schlechten im Guten umzugehen. Denn es gibt immer Wege und viele Menschen auf der Welt, die dich dabei unterstützen können und werden. Ist das geschafft, mach‘ die ersten Schritte hin zu deinem Traum.
Ich wünsche dir viel Erfolg und viele, süße und belebende Träume!
Liebe Grüße,
Janett
Ich glaube, das jeder von uns unter einer Art von Angst leidet. Problematisch wird es, wenn diese Angst zu Blockaden führt wie bei mir. Erst durch Mentaltraining konnte ich diese lösen, und mich so meinen Ängsten stellen, und diese auch bekämpfen. Seitdem bin ich ein anderer Mensch
Das sehe ich auch so, Jacqueline! Angst ist einfach menschlich. Ich fürchte manchmal, dass bloß die Einstellung der Gesellschaft, man dürfe ja keine Angst haben, sondern müsse schön stark und hart im Nehmen sein, Angst als Schwäche hingestellt hat. Leider… Sonst würden wir wohl anders mit ihr umgehen und Blockaden einfach lösen (lassen).
LG
Janett